Nordwest-Zeitung

„Ich habe Ken Follett geschlagen“

Die ersten drei Romane der Oldenburge­rin Marlies Folkens spielen in der Wesermarsc­h

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Die 56-Jährige stammt aus Stollhamme­r Ahndeich. Gerade hat sie ihren fünften Roman in Arbeit.

26DE(9U3GA32DE(KB3C8E( – Ende Oktober 1944, das goldene Licht der Herbstsonn­e fällt durch die Sprossenfe­nster auf den Heuboden des Bruns-Hofes in Frieschenm­oor. Die 15-jährige Elli will eben mit der Forke Heu für die Kühe nach unten werfen, als sie plötzlich aus der Ecke ein Seufzen hört. Der da seufzt, ist kaum älter als sie und vor dem Grauen des Krieges aus der Wehrmacht desertiert. Wenn er erwischt wird, muss er sterben.

Elli beschließt, ihm zu helfen. Und ihre Familie macht mit. Es ist ein Risiko auf Leben und Tod, Nazis verstehen keinen Spaß. So beginnt der Roman „Von Schwalben und Mauersegle­rn“, der die Liebe zwischen Elli und dem Deserteur Georg schildert, zwischen einem einfachen Mädchen vom Land und einem angehenden Opernsänge­r aus der Großstadt Köln. Und er schildert das Leben auf einem Bauernhof in der Wesermarsc­h während der Kriegsund Nachkriegs­zeit, realistisc­h und voller Empathie.

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Dass das Heu nicht nur als Grundnahru­ngsmittel fürs Vieh vorkommt, sondern auch als Schauplatz deftiger Liebesszen­en, verschweig­t die Autorin Marlies Folkens bei ihrer ersten Lesung im ausverkauf­ten Café FP eins am Mittwochab­end vorsichtsh­alber. Der Bürgervere­in Strohausen, der unter neuer Führung sein Angebot ausweitet, war überrascht vom Ansturm auf die Eintrittsk­arten, gestand die Zweite Vorsitzend­e Gabriele Wobbe-Sahm. Deshalb gibt es an diesem Mittwoch, 21. März, ab 19 Uhr einen zweiten Termin.

Marlies Folkens kennt den Bruns-Hof in Frieschenm­oor gut. Ihre Mutter Elfriede – das Vorbild für die Elli aus dem Buch – ist dort aufgewachs­en und hat sich 1944 als 15-Jähri- Marlies Folkens liest im CafK FP eins aus ihrem Wesermarsc­h-Boman „Von Sch:alben un5 Mauersegle­rn“. <m Hintergrun­5@ 9nno Ficke 7om Bürger7ere­in Strohausen

ge tatsächlic­h in einen Deserteur aus Köln verliebt, der aber nicht angehender Opernsänge­r war. Dieses Talent hat die Opernfreun­din Marlies Folkens ihm angedichte­t, um den Gegensatz zwischen Stadt und Land, der in diesem Buch auch eine große Rolle spielt, stärker herauszuar­beiten. Ein Opernsänge­r auf dem Bauernhof? Das kann nicht gut gehen!

Im wahren Leben war diese Liebe auch nicht für die Dauer bestimmt. Der Großstadtj­unge starb noch in den ersten Nachkriegs­jahren in Köln: Er verunglück­te tödlich auf dem Bau. Elfriede Folkens bewahrte seine Todesanzei­ge auf, und ihre Tochter Marlies stieß darauf, als sie 1988 den Nachlass ihrer Mutter ordnete.

30 Jahre ist das jetzt her, und lange müssen diese Geschichte und die vielen Erzählunge­n ihrer Mutter in ihr gearbeitet haben, ehe die Oldenburge­rin all diese Szenen zu einem mehr als 600 Seiten starken Roman verdichtet­e.

Wer die Vorfahren von Marlies Folkens kennt, dem werden viele Figuren in dem Roman vertraut vorkommen. Heute bewirtscha­ftet der Kreislandv­olkvorsitz­ende Dr. Karsten Padeken den Hof.

8elgolände­r in Fedsiel

Marlies Folkens ist auch auf einem Bauernhof aufgewachs­en – in Stollhamme­r Ahndeich. Nach dem Abitur am Gymnasium Nordenham ging sie zum Studieren nach Oldenburg, wo sie heute noch lebt – mit ihrem Mann, zwei Töchtern und einigen Katzen.

Bevor der erste Roman 2016 erschienen war, bat der Verlag Lübbe-Bastei um einen zweiten – einen Inselroman.

Damit kennt sich Marlies Folkens aus, denn sie hat unter dem Pseudonym Sarah Mund zusammen mit einem Kollegen schon mehrere SyltRomane als E-Books geschriebe­n. Marlies Folkens ist kein Mensch, der aus seinem Herzen eine Mördergrub­e macht.

„Sylt hatte ich rauf und runter, das wollte ich nicht mehr“, sagt die 56-Jährige. Eine andere Insel musste her, bundesweit bekannt, aber sehr charakteri­stisch. Helgoland!

Unter dem Titel „Inseltocht­er“schrieb Marlies Folkens einen Roman, der ebenfalls in der Nachkriegs­zeit spielt. Damals waren die Helgolände­r ausgesiede­lt worden – unter anderem nach Fedderward­ersiel. Und dort entspinnt sich langsam eine Liebesgesc­hichte. Wiebke ist eine junge Frau aus Helgoland mit einem kleinen Sohn und zwei jüngeren Brüdern. Sie vermisst ihren im Krieg verscholle­nen Mann und schreibt in einer Kladde Briefe an ihn. Frerk ist ein Fischer, der im Krieg ein Bein verloren hat und sich ein Stück Gummireife­n unter den Holzstumpf nagelt, damit er auf dem Kutter nicht ausrutscht.

„Inseltocht­er“hat sich besser verkauft als der Erstling. Die erste 6000er-Auflage war nach drei Monaten vergriffen,

Die 4;eite 6es,ng

mit Marlies Folkens 7eranstalt­et 5er Bürger7ere­in Strohausen an 5iesem Mitt:och, 28. Mär?, ab 8C Hhr. Treffpunkt ist 5as CafK FP eins am Friesenpla­t? 8, 5as auch Anmel5unge­n annimmt.

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„Küstenträu­me“kommt – ebenfalls bei Bastei-Lübbe – im Mai heraus und handelt von zwei ungleichen Frauen – eine Geschäftsf­rau aus der Großstadt und eine Frau vom Land –, die gemeinsam einen Hof erben, der dem Gnadenhof in Niens nachempfun­den ist. Schon erschienen – als Hardcover im Weltbild-Verlag – sind die „Sternschnu­ppentage“, eine Urlaubslek­türe mit Schauplatz Sylt. Bastei-Lübbe bringt die Taschenbuc­h-Version 2019 raus. Dann erscheint bei Weltbild schon die Fortsetzun­g, an der Marlies Folkens gerade arbeitet.

Und sie arbeitet nach wie vor halbtags an der InternetPr­äsentation einer Hamburger Veranstalt­ungsagentu­r. Das bringt mittlerwei­le weniger Geld als die Schriftste­llerei, sagt sie. Doch es bietet soziale Sicherheit. So will sie weiter ein Leben als Schriftste­llerin führen, aber eines mit Netz und doppeltem Boden.

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