Nordwest-Zeitung

Die EU braucht mehr Geld

EU-Haushaltsk­6mmissar Günther Oettinger über den Etat 2019

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

FRAGE: Beim Brexit wird es jetzt ernst, wenn in der zweiten Phase die künftigen Beziehunge­n zwischen der EU und Großbritan­nien verhandelt werden% &ie könnten die denn aussehen? OETTINGER: Es ist zunächst einmal gelungen, für die Bürger auf beiden Seiten die notwendige Sicherheit zu schaffen, die sie für ihre Lebensplan­ung brauchen. Abgesehen von der Irland-Frage wurden wichtige Themen gelöst. Nachdem sich lange nichts bewegt hat, kommt jetzt Bewegung in die Sache, und nun müssen die Staats- und Regierungs­chefs klar sagen, in welche Richtung sie gehen wollen. Das Vereinigte Königreich wird ein Drittstaat sein – mit allen Konsequenz­en. Dass sie beispielsw­eise aus dem Binnenmark­t ausscheide­n wollen, haben die Briten gewusst und bewusst so entschiede­n. Und dass es viele Verträge der EU mit anderen Ländern gibt, in deren Genuss London bisher kommt, in der Zukunft aber nicht, hat man auch wissen können. FRAGE: Großbritan­nien wird

in der Übergangsp­hase weiter Mitgliedsb­eiträge an die EU bezahlen% Ist das eine gute Nachricht für den Haushaltsk­ommissar? OETTINGER: Ich bereite gerade die Vorlage des Etats für 2019 vor. Und da ist eine solche Mbereinkun­ft natürlich eine gute Nachricht – für viele laufende Programme und Projekte, deren Finanzieru­ng ansonsten zumindest hätte geprüft werden müssen. FRAGE: Sie haben immer wieder betont, dass die EU mehr Einnahmen braucht% Aber für eine Plastikste­uer, die Sie ja wollen, stoßen Sie nicht auf viel Gegenliebe% Hat die Abgabe auf Kunststoff trotzdem noch eine Chance? OETTINGER: Es geht nicht um die Plastikste­uer allein. Meine Fachleute, aber auch andere Experten haben einen Katalog von Maßnahmen erstellt, der zehn Punkte umfasst, von denen ich zwei oder drei als machbar ansehe. Bisher ist es ja so: Zehn Prozent der Einnahmen der EU stammen aus Zöllen, weitere zehn Prozent aus Anteilen an der nationalen Umsatzsteu­er sowie weitere nicht kalkulierb­are Einnahmen wie Bußgelder aus Kartellver­fahren. Der Rest sind Beiträge der Mitgliedst­aaten. Ich würde gerne diese Abhängigke­it von den Etats der Länder etwas lösen, um die Staaten zu entlasten, aber gleichzeit­ig sichere Einnah- men zu generieren. Dabei kann eine Abgabe auf Plastik ein sinnvolles Instrument sein, weil wir ja aus ökologisch­en Gründen alles daransetze­n müssen, die Verschmutz­ung der Umwelt durch Kunststoff­e zu stoppen. FRAGE: Trotzdem müssen Sie sparen% &ollen Sie dieses Interview nutzen, um den deutschen Bauern, den Bürgermeis­tern, den -ereinen zu sagen, dass sie künftig deutlich weniger Geld aus Brüssel bekommen? OETTINGER: Daraus mache ich kein Geheimnis. Das wird so sein. Die Briten waren einer der großen Beitragsza­hler, ihr Austritt hinterläss­t eine Lücke von zwölf bis 13 Milliarden Euro im Jahr. Das kann ich nicht zu 100 Prozent mit höheren Einnahmen auffangen. Deshalb müssen wir die Hälfte der Summe einsparen, die andere Hälfte durch mehr Geld auffangen. Ich will aber auch sagen: Wenn wir den Schutz der Außengrenz­en ausbauen, in die Verteidigu­ngsunion investiere­n und weitere Aufgaben in Europa übernehmen, entlasten wir die Mitgliedst­aaten. Das sollten die bedenken, die heute höhere Beiträge ablehnen.

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