Nordwest-Zeitung

Höchststra­fe für Hussein K.

Flüchtling muss wegen Mord an Studentin lebenslang in Haft

- VON ANIKA VON GREVE-DIERFELD UND JÜRGEN RUF

Die /ichter lie=en keine Zweifel> Nicht die Flüchtling­spolitik sa= auf der Anklageban­k – sondern ein Mensch, der nun als M?rder verurteilt ist.

FREIBURG – An den Anblick von Hussein K. hatten sich alle gewöhnt. Der schlurfend­e Gang beim Weg in den Verhandlun­gssaal des Freiburger Landgerich­ts. Die klirrenden Fesseln an Händen und Füßen, die ihm in den insgesamt 25 Prozesstag­en nicht ein einziges Mal abgenommen wurden. Die teigige, ausdrucksl­ose Blässe seines Gesichtes und den zwischen den hängenden Schultern tief auf die Brust gesenkten Kopf. Und doch blieb der Mann bis zum Schluss ein Unbekannte­r.

„Letztlich sind Sie uns ein Rätsel geblieben“, sagt die Vorsitzend­e Richterin Kathrin Schenk am Donnerstag nach der Urteilsver­kündung dem Flüchtling, der die junge Studentin Maria L. im Oktober 2016 in Freiburg vergewalti­gte und zum Sterben in einen Fluss legte, wo sie ertrank.

In klaren Worten begründet die Richterin die Höchststra­fe gegen den Angeklagte­n, sie blickt mehrfach in seine Richtung, spricht den Mann, der nicht aufsieht, direkt an: Lebenslang lautet der Spruch der Kammer, die auch die besondere Schwere der Schuld feststellt und sich die Sicherungs­verwahrung vorbehält.

Die Tat zeichnet sie nochmals nach in vielen schwer erträglich­en Details. Das entschloss­ene Würgen, die mehrfache Vergewalti­gung der bewusstlos­en Frau, die deutlich sichtbar noch atmete, deren Verletzung­en nicht tödlich waren. Maria wäre wohl zu retten gewesen, wenn K. sie nicht zum Ertrinken ins Wasser geschleift hätte.

Akribisch und unbeirrt geht die Richterin auch kurz auf das enorme Interesse der Öffentlich­keit ein, auf die scheinbare politische Dimension und die Diskussion­en, die der Fall auslöste. Wie zur absichtlic­hen Versachlic­hung betont Schenk: „Die Tat ist nicht von einem Ausländer, einem Flüchtling, einem un-

begleitete­n minderjähr­igen Flüchtling, einem Mann verübt worden – sondern von einem Menschen“, sagt Schenk: „Von Ihnen, Herr K.“

Das Alter des Angeklagte­n, es war während des mehr als sechs Monate dauernden Prozesses ein Dauerthema und fachte die Empörungsd­ebatten immer wieder aufs Neue an. Als angeblich minderjähr­iger Flüchtling ohne Papiere eingereist genoss K. die Vorteile der Betreuung von unter 18-jährigen Flüchtling­en. Jetzt wurde er nach Erwachsene­nstrafrech­t verurteilt – Gutachten zufolge war er zum Tatzeitpun­kt mindestens 22.

Ende Dezember vergangene­n Jahres soll ein ebenfalls angeblich jugendlich­er Flüchtling im rheinland-pfälzische­n Kandel eine 15-Jährige erstochen haben. Auch bei ihm gab es Zweifel am Alter, und die Wogen schlugen hoch. Viele stellten die liberale Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung infrage, heftige Kritik an zu laxer Handhabung der – wissenscha­ftlich

sehr schwierige­n – Altersbest­immung junger Flüchtling­e bestimmt viele Diskussion­en.

Doch der Mord an der 19jährigen Maria „hätte auch durch kein Gesetz, keine bessere Ausstattun­g der Polizei, keine andere Betreuung verhindert werden können“, so das Gericht. Denn der Mord an Maria sei begründet im Charakter des Angeklagte­n. Er habe die Tat geplant – und nicht, wie von ihm behauptet, betrunken im Affekt begangen. „Drogen, Herr K., sind nicht Ihr Problem“, sagt die Richterin. „Es ist Ihr fehlendes Mitgefühl, Ihre starke Ich-Bezogenhei­t, die wenig Hoffnung für Therapie geben – auch nach einem langen Strafvollz­ug.“

Am vorläufige­n Ende eines aufreibend­en Mordprozes­ses mit vielen Lügen in spärlichen Aussagen des Angeklagte­n, der bereits Revision ankündigen ließ, steht ein Urteil, das an Klarheit wenig zu wünschen übrig lässt. Die Kammer habe damit sichergest­ellt, dass Hussein K. nicht auf freien Fuß kommt, so lange er gefährlich ist, sagt Oberstaats­anwalt Eckart Berger. „Das Ergebnis“, sagt Bernhard Kramer, Nebenkläge­ranwalt der Eltern von Maria, „ist ein richtiges und ein gerechtes.“

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DPA-BILD: SEEGER Großes Medieninte­resse: Der angeklagte Hussein K. (links) wird vor dem Urteil im Landgerich­t fotografie­rt.

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