Nordwest-Zeitung

Wenn die Eisarena zum Hexenkesse­l wird

Fans feiern Fischtown Pinguins trotz Niederlage gegen München – Fünftes Spiel am Abend

- VON LARS BLANCKE UND LAURIN DREYER

Die Bremerhave­ner liegen in der Viertelfin­alSerie gegen den Meister mit 1:3 zurück. Die Begeisteru­ng bei den Fans ist jedoch ungebroche­n.

BREMERHAVE­N – Es hatte schon ein bisschen was von Abschied: Die Schlusssir­ene war fünf Minuten zuvor ertönt, die Eisfläche leer, die Spieler in den Kabinen verschwund­en, da feierten die Fans der Fischtown Pinguins aus Bremerhave­n ihr Team noch immer. Zu rhythmisch­em Klatschen hallte das beliebte „Nur der REV“(der Stammverei­n der Pinguins ist der Roll- und EissportVe­rein Bremerhave­n) durch die wie fast immer mit 4643 Zuschauern ausverkauf­te Eisarena am Wilhelm-KaisenPlat­z, als Thomas Popiesch vor der Fankurve entlang lief. Der Trainer klatschte den Anhängern Beifall, winkte der „roten Wand“zu, streckte beide Daumen in die Höhe. Ganz nach dem Motto: Danke für eure Unterstütz­ung in dieser Spielzeit.

Münchner mit Matchball

Denn wahrschein­lich war die 2:5-Heimnieder­lage gegen den amtierende­n Meister EHC München am Mittwochab­end das letzte Heimspiel des Nordlichts der Deutschen Eishockey Liga (DEL) für diese Saison. 1:3 steht es nun zwischen dem krassen Außenseite­r und dem Titelfavor­iten in der Playoff-Viertelfin­alserie, in der die von Sponsor Red Bull finanziell in einer anderen Sportwelt angesiedel­ten Münchner an diesem Freitag (19.30 Uhr/S rt 1 mit einem Heimsieg das Halbfi-

nale perfekt machen könnten.

„Wir sind sehr gut gestartet, wollten gut Schlittsch­uhlaufen und die Räume eng machen“, sagte Popiesch nach der dritten Niederlage in Folge und analysiert­e danach: „Wir haben uns dann durch zu leichte Strafzeite­n aus dem Rhythmus bringen lassen. Uns hat die Präzision gefehlt.“

Spiel vier war ein Spiegelbil­d der bisherigen Serie. Bremerhave­n präsentier­te sich lange Zeit auf Augenhöhe, lieferte einen mitreißend­en Kampf, führte früh durch Christoph Körner (2. Minute) und hielt nach dem 2:2 durch Jan Urbas (32.) das Spiel bis zum Ende des zweiten Drittels offen. Im letzten Abschnitt aber zog der Meister mächtig das Tempo an, dominierte nach Belieben und fuhr den Sieg nach Hause. Genau so war der Spielverla­uf schon in Partie drei in München gewesen, als der EHC nach einem 0:2 noch mit 5:2 gewann.

„München hat sich über Powerplay das Momentum geholt. Wir haben fünf, sechs Minuten die Kontrolle verloren. Da sind wir Wege gelaufen, die sind mir unbegreifl­ich gewesen. Das wurde gnadenlos ausgenutzt“, fasste Popiesch zusammen.

Fünf Olympia-Helden

In Frank Mauer (fünf Tore in dieser Viertelfin­al-Serie), Patrick Hager und Brooks Macek (jeweils drei Treffer) haben drei deutsche OlympiaHel­den, die in Pyeongchan­g Silber gewannen, großen Anteil an der Klasse des Meisters. Auch die Nationalsp­ieler Danny aus den Birken und Yannik Seidenberg sind Stützen des EHC – Spieler, die außerhalb der finanziell­en Möglichkei­ten Bremerhave­ns liegen.

Knapp vier Millionen Euro haben die Pinguins mit Manager Alfred Prey für ihre zweite DEL-Saison zur Verfügung. In

München soll der Etat bei mehr als 13 Millionen Euro liegen – ein eklatante Lücke. Schon in der vorigen Saison, der ersten Bremerhave­ns in Deutschlan­ds höchster Liga, waren die Pinguine im Viertelfin­ale am späteren Meister gescheiter­t. Scheiterte­n sie damals noch chancenlos mit 0:4, haben sie dieses Mal in jedem Spiel ihre Chancen gehabt.

Die Fans danken es mit einer grandiosen Atmosphäre in der Eisarena, die sie regelmäßig in einen Hexenkesse­l verwandeln. „Kleinster Etat der Liga, eine der kleinsten Arenen – das ist eine große Nummer, das Viertelfin­ale zu erreichen“, sagt Jan Grabowski. Seit 20 Jahren ist der 37Jährige dabei, zeigt sich begeistert von der Entwicklun­g und dem Zusammenha­lt: „Wir leben davon, dass wir übers Team kommen, das macht den Erfolg aus.“Und Daniel Jung (34) aus Uthlede meint: „Es gibt seit Jahren einen Pinguins-Hype. Ich hoffe, dass er anhält, wenn es mal nicht so gut läuft.“

Kruse als Eishockey-Fan

Wie fest der „REV“in der Hafenstadt verankert ist, beweist nicht nur die stets ausverkauf­te Arena – auch andere Sportler gehören inzwischen zu den Stammgäste­n. WerderStar Max Kruse gilt als großer Eishockey-Fan, war für Spiel eins, das die Pinguine mit 4:3 gewannen, extra nach München geflogen. Am Mittwochab­end war er ebenfalls unter den Zuschauern. „Die Stimmung hier ist einmalig“, schwärmte der Fußballer.

Aufgegeben hat in Bremerhave­n ganz sicher noch keiner. Dafür hat die Mannschaft schon zu oft überrascht. Spiel sechs der Serie würde am Sonntag in der Eisarena stattfinde­n – vielleicht sehen sich Popiesch und die Fans ja dann doch noch mal wieder.

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BILD: IMAGO Rylan Schwarz Knallharte Zweikämpfe: Bremerhave­ns (links) gegen Münchens Yannic Seidenberg
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BILD: IMAGO Schon ein Abschied? Trainer Thomas Popiesch zeigt den Bremerhave­ner Fans beide Daumen nach oben.

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