Nordwest-Zeitung

Zwölf Jahre alt, aber 88 Tasten im Griff

Die Bremerin Sophia Lewerenz studiert neben der Schule an der Hochschule für Künste

- VON JANET BINDER

Jeder Tag von Sophia beginnt mit Klavierspi­elen – der Erfolg baut auf viel Disziplin. Preisgelde­r spart die Zwölfjähri­ge für ihren großen Traum.

BR N/D L NHORST – Mit diesem außergewöh­nlichen musikalisc­hen Talent hatten die Eltern von Sophia Lewerenz nicht gerechnet. Gut, die Oma war Musiklehre­rin und leitete ein Akkordeon-Orchester. Auch Mama Andrea Lewerenz spielte früher mal Akkordeon, es blieb aber ein Hobby.

Für ihre zwölfjähri­ge Tochter Sophia ist Klavierspi­elen dagegen längst viel mehr als eine Freizeitbe­schäftigun­g. Schon im Alter von zehn Jahren durfte sie sich als Jungstuden­tin an der Hochschule für Künste (HfK) Bremen einschreib­en. Seitdem gewann die junge Bremerin zwei wichtige Klavierwet­tbewerbe.

Sonder$reis erhalten

Als sie zehn war, erhielt sie den ersten Preis beim Bitburger Klavierwet­tbewerb, der zu den führenden Wettbewerb­en für Kinder und Jugendlich­e in Deutschlan­d zählt. Von allen Teilnehmer­n erreichte Sophia die höchste Punktzahl. Außerdem bekam sie den Sonderprei­s für die beste Darbietung. Im November 2017, da war sie elf, kam der erste Preis beim internatio­nalen Klavierwet­tbewerb im tschechisc­hen Ústí nad Labem dazu. Sie spielte Werke von Bach, Chopin und

Mozart. Die Jury war so begeistert von Sophia, dass sie kurzerhand einen Sonderprei­s für die beste MozartInte­rpretation ins Leben rief.

Sophia geht aufs Gymnasium, in die siebte Klasse. Aber einmal in der Woche wird sie als Jungstuden­tin an der Hochschule für Künste (HfK) unterricht­et, sowohl in Musiktheor­ie und Gehörbildu­ng als auch in der Praxis. Um den Platz zu ergattern, musste sie dieselbe Aufnahmepr­üfung absolviere­n wie die regulären Studierend­en. Mit dem Jungstudiu­m fördert die HfK junge begabte Menschen, die Musik zu ihrer Profession machen wollen.

Die meisten Jungstudie­renden starten mit 15 Jahren oder älter. Sophia gehört selbst mit inzwischen zwölf Jahren zu den Jüngsten. „Sie ist sehr reif für ihr Alter“, sagt Dozentin Almut Cordes, die Sophia im Hauptfach Klavier unterricht­et. Sophias Ziel ist es, später als Pianistin ihr Geld zu verdienen – und, ja,

„berühmt zu werden“. „Danach würde ich gerne selbst als Professori­n arbeiten“, sagt sie, nachdem ihr Unterricht zu Ende ist.

Als das Mädchen ein halbes Jahr alt war, fing es an, zwei Sprachen zu sprechen – ihre Familie hat tschechisc­he Wurzeln. Als das Mädchen fünf war, bekamen die Eltern nach einem Test bestätigt, was sie schon ahnten: dass Sophia hochbegabt ist. Doch eine Gehirnhälf­te war kaum ausgeprägt. Den Eltern wurde deshalb geraten, ein Hobby für ihre Tochter auszuwähle­n, bei dem beide Hälften aktiviert werden. Sie entschiede­n sich fürs Klavierspi­elen. „Bis dahin wussten wir gar nicht, ob sie überhaupt musikalisc­h ist“, erinnert sich ihre Mutter.

Inzwischen beginnt für Sophia seit Jahren schon jeder Tag mit Klavierspi­elen. Sie steht um 5.45 Uhr auf, um vor der Schule eine Stunde zu üben. Nach Schule und Hausaufgab­en übt sie zwei, drei weitere Stunden. Am Wo-

chenende steht sie um 7 Uhr auf. „Wir haben eine strenge Planung, alles ist nach dem Klavier ausgericht­et, sonst funktionie­rt das nicht“, sagt Andrea Lewerenz. Zum Schwimmkur­s fährt sie ihre Tochter bis nach Delmenhors­t, weil der erst am späten Samstagnac­hmittag beginnt. Nur so passt der Kurs in den Zeitplan. Vor allem wenn Sophia an einem Klavierwet­tbewerb teilnehmen möchte, dann bedeutet das: üben, üben, üben. In den Wochen davor fährt die Familie selbstvers­tändlich nicht in den Urlaub – ohne Disziplin kein Erfolg. „Daran scheitert es in vielen Familien“, betont Almut Cordes.

Seit drei Jahren unterricht­et die Dozentin Sophia. „Es macht Spaß, ihre Fortschrit­te mitzuerleb­en. Was wir machen, hat viel mit Feilen zu tun – hier ein bisschen lauter, dort eine länger gehaltene Note. Das ist so, als wenn man eine Skulptur anfertigt“, sagt Almut Cordes, die auch die anderen Jungstudie­renden an

der HfK betreut. In Sophias Klavierkla­sse geht noch eine weitere Jungstuden­tin, die anderen sind regulär an der Hochschule eingeschri­eben. Trotz des Altersunte­rschieds verstehe sie sich gut mit allen, erzählt Sophia. „Alle mögen sie und finden es toll, dass sie schon dabei ist“, sagt Almut Cordes.

Da im Klavierspi­elen jeder Einzelunte­rricht bekommt, sehen sich die Kommiliton­en vor allem bei den Konzerten. „Sie sind zusammen hinter der Bühne, hören sich gegenseiti­g. Darum geht es vor allem im Studium: dass man viel hört“, sagt Almut Cordes.

Traum von Steinway

Ende April 2018 wird Sophia wieder beim Bitburger Klavierwet­tbewerb mitmachen. Als Gewinnerin von 2016 darf sie das einstündig­e Eröffnungs­konzert spielen, vor mehreren Hundert Zuhörern. Lampenfieb­er kennt die zwölfjähri­ge Sophia nicht. Bei Konzerten sei sie in der Regel „aufgeregt, aber nicht besonders viel“.

Kleinere Preisgelde­r hat sie schon eingeheims­t, doch für ihren Traum reicht es noch lange nicht. Sie spart auf einen ganz besonderen Steinway-Flügel. „Er hat eine sehr schöne Farbe und ist mit einem Diamanten besetzt“, schwärmt Sophia. „Dafür muss sie noch viele Wettbewerb­e gewinnen“, sagt ihre Mutter. Träume allerdings, sagt sie, seien wichtig.

P@ Hier k/nnen Sie Sophia spielen h/ren und sehen: bit.ly/so$hia-klavier

 ?? BILDER (3): FOCKE STRANGMANN ?? Gerade einmal zw/lf Jahre alt und schon Studentin? Die zw/lfjährige Sophia Lewerenz wird als Jungstuden­tin an der Bremer Hochschule für Künste unterricht­et. Sie hat bereits wichtige Klavierwet­tbewerbe gewonnen.
BILDER (3): FOCKE STRANGMANN Gerade einmal zw/lf Jahre alt und schon Studentin? Die zw/lfjährige Sophia Lewerenz wird als Jungstuden­tin an der Bremer Hochschule für Künste unterricht­et. Sie hat bereits wichtige Klavierwet­tbewerbe gewonnen.
 ??  ?? Von Theorie bis Praxis: Dozentin Almut Cordes unterricht­et Sophia Lewerenz in der Hochschule.
Von Theorie bis Praxis: Dozentin Almut Cordes unterricht­et Sophia Lewerenz in der Hochschule.
 ??  ?? Mutter Andrea f/rdert das Talent ihrer Tochter.
Mutter Andrea f/rdert das Talent ihrer Tochter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany