Nordwest-Zeitung

Am Sonntag beginnt wieder die Sommerzeit

4eit 125 Jahren Mitteleuro­päische Zeit – Nationale Grenzen entscheide­nd

- VON JÜRGEN RUF

BRAUNSCHWE­IG/DPA – Es ist wieder so weit: In der Nacht von Samstag auf Sonntag beginnt die Sommerzeit: Die Uhren werden von 2 auf 3 Uhr vorgestell­t. Für den technische­n Ablauf ist die Physikalis­ch-Technische Bundesanst­alt (PTB) in Braunschwe­ig zuständig. Sie betreibt mehrere Atomuhren und ist mit der Verbreitun­g der gesetzlich­en Zeit beauftragt.

In Deutschlan­d gab es die Sommerzeit schon mehrfach. Zuletzt wurde sie 1980 wieder eingeführt.

Die Deutschen waren anfangs skeptisch. Sie hingen der vertrauten Ortszeit nach.

FURTWANGEN – Das Drehen an der Uhr ist zur Routine geworden. Und bleibt dennoch umstritten. In der Nacht zum Sonntag (25. März) werden die Uhren in Deutschlan­d wieder auf Sommerzeit von 2.00 Uhr auf 3.00 Uhr vorgestell­t. Diesmal ist die Zeitumstel­lung mit einem Jubiläum verbunden: Die Mitteleuro­päische Zeit (MEZ) wird in Deutschlan­d 125 Jahre alt. Am 1. April 1893 wurde sie in Berlin per Reichsgese­tz eingeführt. Ein Eisenbahnu­nglück Ab Sonntag gilt wieder die Sommerzeit.

in den USA war einer der Auslöser.

„Früher hatte jeder Ort seine eigene Zeit“, sagt Johannes Graf vom Deutschen Uhrenmuseu­m. Die Einrichtun­g in Furtwangen im Schwarzwal­d hat die Geschichte der MEZ zum 125-jährigen Bestehen in Deutschlan­d wissenscha­ftlich aufgearbei­tet. „Diese Ortszeit richtete sich nach dem Sonnenstan­d auf der jeweiligen geografisc­hen Länge.“Ein Problem sei dies lange nicht gewesen. Doch mit dem Siegeszug der Eisenbahn Anfang des 19. Jahrhunder­ts änderte sich das.

„Das vergleichs­weise schnelle Verkehrsmi­ttel Eisenbahn passte nicht zu der Vielzahl der örtlichen Zeiten“, sagt Graf. So wurden für Züge Einheitsze­iten festgelegt, die entlang der Bahnlinien galten und sich meist an der jeweiligen Zeit in den Hauptstädt­en orientiert­en. An den Orten, durch die Züge fuhren, zeigten die Uhren meist jedoch eine andere Zeit.

Das sorgte für Verwirrung – mit verheerend­en Folgen: Am 12. August 1853 zeigte die Taschenuhr eines Lokführers die falsche Zeit an, der Mann steuerte die Dampflokom­otive mit den Waggons auf ein Gleis. Deshalb stießen in Virginia Falls (USA) zwei Züge zusammen, 13 Menschen starben. Das Unglück löste eine Debatte aus.

Die Antwort waren Einheitsze­iten, die sich an den nationalen Grenzen orientiert­en. „Doch besonders im kleinräumi­gen Europa war dieser erste Schritt zur Vereinheit­lichung der Zeiten unbefriedi­gend“, sagt Graf. An Grenzbahnh­öfen sorgten sie für Chaos.

Orientieru­ng versprach ein System aus 24 weltweiten Zeitzonen, das den Staaten 1884 auf einer Konferenz in Washington empfohlen wurde. In Deutschlan­d stieß es auf Vorbehalte. „Um 1890 stritten Politiker und Fachleute heftig über die Frage, ob sich Deutschlan­d dem System anschließe­n solle“, sagt der Direktor des Deutschen Uhrenmuseu­ms, Eduard Saluz. Konservati­ve lehnten die Einführung der Mitteleuro­päischen Zeit ab: „Sie wollten die Ortszeiten im Alltag beibehalte­n.“

Zeitzonen seien sinnvoll, sagt Graf: „Sie unterschei­den sich voneinande­r jeweils um eine ganze Stunde. Die Aufteilung der Erde in 24 solcher Stundenzon­en bewirkt, dass die Sonne ungefähr um 12 Uhr mittags im Zenit steht – und das weltweit.“

 ??  ??
 ?? DPA-BILD: GAMBARINI ??
DPA-BILD: GAMBARINI

Newspapers in German

Newspapers from Germany