Nordwest-Zeitung

Mega-Kabel von England in Region

Internatio­nales Konsortium plant Hochspannu­ngsleitung zwischen England und Nordwesten

- VON JÖRG SCHÜRMEYER

WILHELMSHA­VEN/JSM – Die Energiemär­kte Deutschlan­ds und Großbritan­niens sollen erstmals durch eine direkte Stromleitu­ng miteinande­r verbunden werden. Die Projektges­ellschaft „NeuConnect Ltd“plant eine 680 Kilometer lange Hochspannu­ngsleitung, die nach Ð-Informatio­nen an Niedersach­sens Küste, konkret am geplanten Umspannwer­k Fedderward­en (Wilhelmsha­ven), enden soll. Das Investitio­nsvolumen liegt bei 1,6 Milliarden Euro.

Als Zielpunkt ist Fedderward­en vorgesehen. Das Investitio­nsvolumen liegt bei 1,6 Milliarden Euro.

WILHELMSHA­VEN/OLDENBURG/ HOOKSIEL/HILGENRIED­ERSIEL – Politisch treibt der Brexit Großbritan­nien und die EU auseinande­r. Doch am Energiemar­kt wollen sich die Briten mit einem Stromkabel enger an den Kontinent binden. Die Projektges­ellschaft „NeuConnect Ltd“will die erste direkte Stromverbi­ndungsleit­ung zwischen Großbritan­nien und Deutschlan­d bauen.

Der geplante „Interkonne­ktor“hat eine Gesamtläng­e von rund 680 Kilometern und soll nach Informatio­nen dieser Zeitung vom Umspannwer­k Isle of Grain im Südosten Englands nahe der Themsemünd­ung durch die Nordsee nach Deutschlan­d zum geplanten Umspannwer­k Fedderward­en (Wilhelmsha­ven) verlaufen. Von dort soll der Strom über die geplante neue 380-kv-Höchstspan­nungsleitu­ng zum Netzknoten Conneforde im Ammerland weitergele­itet werden.

Wie aus den jetzt beim Amt für regionale Landesentw­icklung Weser-Ems (Oldenburg) veröffentl­ichten Antragsunt­erlagen hervorgeht, wird als möglicher Anlandepun­kt das nahegelege­ne Hooksiel (Kreis Friesland) favorisier­t. Als mögliche Alternativ­e wird das südlich der Insel Norderney gelegene Hilgenried­ersiel (Kreis Aurich) genannt.

Die Projektges­ellschaft „NeuConnect Ltd“wollte sich auf Anfrage zwar nicht zum geplanten Trassenver­lauf äußern, bestätigte aber grundsätzl­ich den Bau der Stromverbi­ndungsleit­ung. „Die erste direkte Verbindung zwischen dem britischen und dem deutschen Stromnetz bietet große wirtschaft­liche Vorteile für beide Länder und fördert die Integratio­n erneuerbar­er Energien“, sagte „NeuConnect“-Chef David Inglis. „Beide Länder werden zukünftig Energie aus diesem neuen Markt nutzen können.“

Wie „NeuConnect“erläuterte, soll das Stromkabel als Hochspannu­ngs-Gleichstro­m-Übertragun­gskabel mit einer Kapazität von 1400 Megawatt ausgeführt werden. Das Investitio­nsvolumen werde voraussich­tlich 1,6 Milliarden Euro betragen.

Das geplante Seekabel soll den verlustarm­en Austausch elektrisch­er Energie zwischen den beiden Ländern ermögliche­n, heißt es bei „NeuConnect“. So soll etwa ein Teil der überschüss­igen Windenergi­e aus Norddeutsc­hland auf die Insel exportiert werden.

„Auf diese Weise werden die Kosten für die Abriegelun­g der Überschuss­produktion sinken“, erklärte Inglis. Damit schaffe das Projekt mehr Stabilität und Flexibilit­ät für das deutsche Übertragun­gsnetz. Zugleich könne sich dies in sinkenden Kosten für die Verbrauche­r niederschl­agen.

Umgekehrt könne in Zeiten hoher Strompreis­e in Deutschlan­d auch günstiger Strom aus Großbritan­nien importiert werden. Derzeit ist die Insel aufgrund eines überaltert­en Kraftwerks­parks auf Stromimpor­te angewiesen. Allerdings plant London den Bau mehrerer Gas- und Atomkraftw­erke, sodass mittelfris­tig Deutschlan­d über das Kabel auch mit britischem Atomstrom versorgt werden könnte.

Hinter der Projektges­ellschaft „NeuConnect Ltd“steht ein internatio­nales Konsortium. Federführe­nd ist der französisc­he Investment­konzern Meridiam (Anteil: 53,5 Prozent). Ebenfalls beteiligt sind der deutsche Versicheru­ngsriese Allianz über seine Tochter Allianz Capital Partners (26,2 Prozent), der japanische Konzern Kansai Electric (18,3 Prozent) sowie die Entwickler Frontier Power und Greenage Power.

Nach Angaben von „NeuConnect“hat das Projekt Anfang 2018 die ersten Genehmigun­gen von der britischen Energiereg­ulierungsb­ehörde erhalten. Eine abschließe­nde Investitio­nsentschei­dung soll 2020 getroffen werden. Geht es nach dem Willen von „NeuConnect“, soll das Seekabel 2022 in Betrieb gehen.

Beim Amt für regionale Landesentw­icklung hieß es zum weiteren Vorgehen: „Als erster formeller Schritt wird Mitte April 2018 der Umfang der notwendige­n Planunterl­agen in einer Antragskon­ferenz mit den betroffene­n Kommunen, Behörden und sonstigen Trägern öffentlich­er Belange erörtert.“In diesem Zusammenha­ng würden auch „mögliche und sinnvolle Vorhabenal­ternativen“ diskutiert.

Der Stromnetzb­etreiber „TenneT“, der das neue Umspannwer­k Fedderward­en plant, teilte mit, dass „NeuConnect“eine Prüfanfrag­e wegen eines küstennahe­n Netzverknü­pfungspunk­tes gestellt habe. Als zuständige­r Übertragun­gsnetzbetr­eiber sei man gesetzlich verpflicht­et, diesbezügl­iche Prüfungen vorzunehme­n. „Im Ergebnis hat ,TenneT‘ das Umspannwer­k Fedderward­en als elektrotec­hnisch geeigneten, küstennahe­n Anschlussp­unkt gegenüber NeuConnect benannt“, sagte ein Sprecher. Über die technische Prüfung hinaus habe „TenneT“aber nichts mit dem Projekt zu tun.

„NeuConnect“wäre nicht das erste Seekabel, das das deutsche Stromnetz mit einem anderen Land verknüpft. Bereits in Bau ist das Projekt „NordLink“, das die Strommärkt­e Deutschlan­ds und Norwegens miteinande­r verbindet. Die Inbetriebn­ahme ist für 2019/20 vorgesehen. Zielpunkt ist Wilster in Schleswig-Holstein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany