Nordwest-Zeitung

50+1-Regel steht weiter auf wackeligem Grund

Juristen müssen für mehr Rechtssich­erheit sorgen – 96-Präsident Kind will sich aus DFL-Überlegung­en raushalten

- VON ANDREAS SCHIRMER

Obwohl 50+1 bestätigt wurde, bleiben viele Fragen offen. Das Ständige Schiedsger­icht der DFL gilt als Schwachpun=t.

FRANKFURT – vie N0+1-Regel hat Gültigkeit für die FußballBun­desligen, Experten halten sie aber für juristisch angreifbar. „Es muss geklärt werden, was die rechtliche­n Schwachpun­kte sind“, sagte Frank Wettstein, Vorstandsv­orsitzende­r des Hamburger SV, am Freitag. „Das Ziel soll ja sein, 50+1 beizubehal­ten.“

Vor Gericht zu kippen

Keinen Zweifel hat der Sportrecht­sexperte Paul Lambertz, dass die Investoren­regel vor Gericht zu kippen ist: „Ja, 50+1 ist auf jeden Fall justiziabe­l.“Jedes Mitglied der DFL und „sehr wahrschein­lich auch jeder ernsthafte Investor könnte gegen die Regel klagen, wenn er sich in seinen Rechten verletzt“sehe.

Die Deutsche Fußball Liga hatte am Donnerstag mehrheitli­ch für die Beibehaltu­ng der 50+1-Regel, mit der eine komplette Übernahme von DFL-Clubs durch Investoren verhindert wird, gestimmt.

Lambertz, der mehrere Bundesligi­sten berät, sieht das Ständige Schiedsger­icht der DFL als Schwachpun­kt. „Nach dem Ständigen Schiedsger­icht steht der Gang vor die ordentlich­en Gerichte offen. Denn meiner rechtliche­n Auffassung nach ist es kein echtes Schiedsger­icht im Sinne der Zivilproze­ssordnung“, so der Kölner Rechtsanwa­lt, der selbst Schiedsric­hter beim Deutschen Sportschie­dsgericht (DIS) ist. Nur wenn es sich um ein echtes Schiedsger­icht handeln würde, hätte dessen Schiedsspr­uch dieselbe Wirkung wie ein rechtskräf­tiges Urteil.

Das Bestreben der DFL bleibt, die Regel zu erhalten, weil sie den „deutschen Fußball stark gemacht“habe, wie DFL-Präsident Reinhard Rauball sagte. Eine Modifizier­ung ist jedoch denkbar. „Wichtig wird sein, dass die Mitglieder der DFL ein gemeinsame­s Verständni­s dafür entwickeln, was sie mit der Regel erreichen wollen“, sagte Lambertz.

Für ihn sind einige Änderungen denkbar, durch die die Zustimmung für Großinvest­oren mit 51 Prozent Stimmantei­l in DFL-Vereinen größer werden könnte. Dazu könnte die Verpflicht­ung der Clubs durch die DFL gehören, dass Gesellscha­ftsanteile erst nach fünf oder zehn Jahren verkauft werden könnten.

Martin Kind, der die Debatte in Gang brachte, weil er mit einer Ausnahmere­gelung die Mehrheit an der Kapitalges­ellschaft bei Hannover 96 übernehmen will, entzieht sich den Überlegung­en. „Damit habe ich nichts zu tun. Das ist Sache des Präsidiums der DFL“, so der 96-Präsident.

Fans freuen sich

Viele Fußball-Anhänger freuen sich über die Entscheidu­ng. Die Organisato­ren der Fan-Initiative „50+1 bleibt!“wollen sich weiter für den Erhalt einsetzen. „Es war gestern ein sehr, sehr deutliches Zeichen, dass 50+1 beibehalte­n werden soll. Aber es gilt, das Ganze weiter kritisch zu begleiten“, sagte Manuel Gaber, einer der Initiatore­n der Kampagne. Rund 3100 Fanclubs und Organisati­onen hatten eine Petition zum Regel-Erhalt unterschri­eben.

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