Kilometerlange Fäden erzählen Geschichte
Bunte Ausstellung zum 50-jährigen Bestehen der Kunsthalle Wilhelmshaven
Eingeladen wurden zehn Künstler, die schon vor 50 Jahren in Wilhelmshaven oder in der Region ausgestellt haben. Sie sind heute immer noch künstlerisch tätig.
WILHELMSHAVEN – Eine Besonderheit der Kunsthalle Wilhelmshaven ist eine zentrale, große Betonwand, die ursprünglich als Skulptur gedacht war, dann aber für viele Ausstellungen genutzt wurde. Die israelische Künstlerin Zipora Rafaelov hat anlässlich des Jubiläums beide Seiten dieser Wand in ein Netz aus weißen Fäden verwandelt, indem sie fast jedes der zahllosen in den Beton gebohrten Löcher miteinander und mit kleinen Figuren verbindet.
Sechs Kilometer Fäden sollen dabei verarbeitet worden sein. Das Ergebnis ist wie eine weiße Wolke, die um die Betonwand schwebt.
Zum 50-jährigen Bestehen der Kunsthalle wurden nun zehn Künstler eingeladen, die vor 50 Jahren schon in Wilhelmshaven oder in der Region ausgestellt hatten und die auch neuere Arbeiten zeigen konnten. Eine raumfüllende zentrale Position nehmen dabei die überlebensgroßen Bronzen von Waldemar Otto ein. Stand seine „Große Schreitende“von 1968 noch einer realistischen Formung des Menschenbildes nahe, so wurden in späteren Plastiken die Formen geglättet und unter fallenden Gewändern („Iphigenie“, 2011) versteckt.
Am konsequentesten hat wohl Friedrich Meckseper am alten Bild von versponnenen Landschaften mit mancherlei Zeichen und Figuren festgehalten, ohne dass ihr Charme je verloren gegangen ist. Peter Nagel, der einst zur Hamburger „Zebra-Gruppe“zählte, die gegen Informel und Abstraktion aufbegehrte, überrascht mit dynamisch farbkräftigen Bildern, deren detaillierter Realismus ins Fantastische überführt wird.
Von Uwe Bremer werden zwei Grafikreihen aus den Sechzigern zum Thema „4.Dimension“, die sich im Kopf abspielt, gezeigt. Als Kontrast suggerieren zwei große Bilder mit intensiven Farben aus jüngerer Zeit mit den Titeln „Stilllebenkeime“und „Stilllebenwellen“eine schleichende Vergiftung durch fantastische alchemistische Prozesse.
Weniger hintergründig sind die beiden Werke von Klaus Fußmann, entstanden, bevor er zur Blumenmalerei gelangt war: Mit genauer Orts- und Zeitangabe malt er eine Wand in einem leerstehenden Berliner Haus, doch die Notiz im Bild „vielleicht Blüten“deutet an, dass dem Künstler mehr Farben lieber wären. Das andere Bild zeigt eine moderne IkarusVersion, einen abstürzenden Fallschirmspringer, bezogen auf ein reales Unglück.
Dass die 60er Jahre unter der Dominanz des Informel standen, belegen die Beiträge von Fred Thieler, dem schon 1999 verstorbenen Altmeister
dieser Auffassung, und eine Assemblage von Rolf Rose, die Papier, Textil und Farbtuben zu einem Bild der „arte povera“verwandelt, der „armen Kunst“, wie sie damals besonders in Italien gepflegt wurde. Einen Kontrast bietet Ulrich Behl an: Einerseits seriell geordnete Farbreihen, andererseits unter Milchglas versteckte Kuben, deren Erscheinung zum Greifen provoziert. Das gilt auch für Timm Ulrichs Steinreihe aus gleichen, nur in der Größe differenzierten Objekten. Bleiben zuletzt die Fotografien von Ulrich Mack, neben verträumten Landschaften die typischen 60erJahre-Aufnahmen von Françoise Gilot, Picassos Muse.