Nordwest-Zeitung

Ain Flughafen gibt neue Hoffnung

Britisches Überseegeb­iet mitten im Atlantik – Tourismus soll Aufschwung bringen

- VON CHRISTIAN SELZ

Die Insel St. Helena liegt zwischen Angola und Brasilien im Südatlanti­k. Seit Oktober 2017 wird sie erstmals von Linienflüg­en angesteuer­t.

ST. HELENA – Die Landung auf dem windigen Eiland ist ruppig. St. Helena ist auf den ersten Blick kein besonders wirtlicher Ort. Napoleon wurde 1815 hierher verbannt. Steile Berge, dunkles Vulkangest­ein, kaum eine Pflanze hält sich dort.

Derek Richards betreibt seit dem vergangene­n Jahr mit seiner Frau Linda ein kleines Gästehaus in St. Pauls, zehn Autominute­n von der Hauptstadt Jamestown entfernt. „Ich hatte es schon lange vorher geplant, aber die Leute kamen ja nicht regelmäßig“, erklärt der 52-Jährige. Der Flughafen, sagt er, habe die gesamte Dynamik der Insel verändert, auch für die Bewohner der Insel.

Strategisc­he Lage

Das britische Postschiff „RMS St Helena“verband die Insel seit 1990 mit dem Mutterland und vor allem mit dem näher gelegenen Hafen Kapstadt in Südafrika. Die monatliche Ankunft von Fleisch, Gemüse, Medikament­en bestimmte über Jahrzehnte den Puls der Insel. Nun, da die Luftbrücke etabliert ist, hat das altehrwürd­ige Schiff den Dienst quittiert. Ein neues Schiff bringt weiter Waren. Doch der Brexit hat die Preise steigen lassen. Nun hofft man auf der Insel, dass der Tourismus die Wirtschaft ankur- belt und so die Abhängigke­it von der britischen Regierung verringert.

Wirklich abgekoppel­t von Europa war das gern als „abgelegens­ter Ort der Welt“beworbene St. Helena schon seit Jahrhunder­ten nicht mehr. Den Portugiese­n, die sie 1502 entdeckten, diente der unbewohnte Flecken Land zunächst als Versorgung­sstation. Sie brachten Nutztiere, pflanzten Obstbäume und Es geht auch grün: Felsformat­ion Lot (großes Bild) im Süden der Insel St. Helena – Kleines Bild: St. Helena ist seit Oktober 2017 per Linienflug von Südafrika aus erreichbar – das bringt der Insel einen touristisc­hen Auftrieb. füllten ihre Trinkwasse­rvorräte auf. Die strategisc­h wichtige Lage rief bald auch andere europäisch­e Großmächte auf den Plan. Vor allem Holländer und Engländer balgten sich um das Eiland. 1657 übergab die britische Krone die Rechte zur Verwaltung St. Helenas an die Britische Ostindien-Kompanie. Die Besiedlung begann.

Der britische Einfluss ist bis heute nicht zu übersehen. Auf den engen Straßen gilt Linksverke­hr. Die Amtssprach­e ist Englisch. Selbst wenn die Saints, wie sich die Inselbewoh­ner nennen, Englisch in einer Mundart interpreti­eren, die an eine gejodelte Mischung aus schottisch­em Hochlandka­uderwelsch und US-Südstaaten-Slang erinnert.

Napoleon im Exil

Die Lebensart weicht deutlich von der Hektik europäisch­er Metropolen ab. Auf den Straßen grüßt jeder der nur 4500 Einwohner jeden. Vor 200 Jahren war es dieses Provinziel­le, das den berühmtest­en Inselbewoh­ner wider Willen – Napoleon Bonaparte – auf die Palme brachte. Von 1815 bis zu seinem Tod 1821 lebte der französisc­he Militärdik­tator

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BILDER: SELZ/ST. HELENA TOURISM
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