Schulz: Ich war ein glückloser Parteiführer
Der gestürzte Vorsitzende leckt in einem neuen Buch seine Wunden
Schulz gibt viele eigene Fehler zu. Im Wesentlichen sieht er die Schuld an seinem Scheitern aber bei seiner Partei. Die sei „gnadenlos“gewesen.
BERLIN – Es ist ein Satz wie aus einem Mafia-Epos oder einem Polit-Thriller. „Entweder Du killst ihn, oder er killt Dich.“Doch die Worte stammen nicht aus Hollywood, sondern aus dem Innenleben der SPD. Andrea Nahles, die künftige Parteichefin, hatte Martin Schulz nach dessen Kür zum Kanzlerkandidaten Anfang 2017 so drastisch vor Sigmar Gabriel gewarnt. Zwar hatte Gabriel Schulz damals die Kanzlerkandidatur und den SPD-Vorsitz überlassen, für sich aber das Außenministerium reklamiert. Nahles sollte am Ende Recht behalten.
Was Schulz in dem zurückliegenden Jahr vom Höhenflug bis zum tiefen Sturz erlebt hat, offenbarte der SPD-Politiker dem „Spiegel“-Reporter Markus Feldenkirchen. Der hat ihn über ein Jahr lang begleitet und „Die Schulz-Story“jetzt zu einem Buch gemacht.
Ein ums andere Mal hatte Schulz sich im Bundestagswahlkampf über Gabriels Querschüsse beklagt. Das Verhältnis zwischen beiden war am Ende zerrüttet. Nach der Wahlschlappe und der Wende der SPD in Richtung Große Koalition wollte Schulz Gabriel als Außenminister beerben. Als Schulz am 7. Februar 2018 nach den Koalitionsverhandlungen mit der Union nach dem Außenamt griff und Gabriel seine Entscheidung mitteilte, kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung.
Gabriel beklagte sich schließlich öffentlich, spottete über den „Mann mit den Haaren im Gesicht“und manövrierte sich damit selbst ins Aus. Die „Schulz-Story“ist auch die Geschichte einer zerbrochenen Freundschaft. Anfangs noch als „Gottkanzler“wie ein Popstar gefeiert und mit 100 Prozent zum SPD-Chef gewählt, stellte sich schnell Ernüchterung ein. „Schön, aber auch surreal“seien die ersten Wochen gewesen. „Und danach ging’s steil bergab“, erinnert sich Schulz. Von dem sympathischen, optimistischen und freundlichen Menschen und Politiker, der angetreten war, um die SPD wieder aus der Krise zu führen und Bundeskanzler werden wollte, ist nicht mehr viel zu erkennen.
„Ich war ein glückloser Parteiführer“, sagt Schulz und gesteht, dass auch er „dumme Fehler“gemacht habe. Er sei „politisch nicht gescheitert, aber sicher teilweise an den Strukturen der Partei zerschellt“. Er, Schulz, habe der oft gnadenlosen SPD als „der ideale Sündenbock“gedient.
Seine Entscheidung, nach dem Ministeramt greifen zu wollen, sei ein Fehler gewesen, weiß Schulz heute. Hatte er doch ursprünglich „ganz klar“versichert, niemals in eine Regierung unter Angela Merkel eintreten zu wollen. „Komplett falsch eingeschätzt“, räumt er ein und bedauert es ebenso wie seine 180-Grad-Wende in Richtung Groko. Das sei der Wendepunkt gewesen. „Da hätte ich zurücktreten müssen.“
Markus Feldenkirchen: Die SchuGzStory: Ein Jahr zwischen HöhenfGug und Absturz, Deutsche VerGags-AnstaGt, 320 Seiten. 20 Euro.