Nordwest-Zeitung

Lamento beenden

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Martin Schulz – das Opfer. Der gescheiter­te SPD-Chef und gestrauche­lte Kanzlerkan­didat zeichnet noch einmal das Bild von den bösen Parteifreu­nden, denen er nur als willkommen­er Sündenbock gedient haben soll, um von den eigenen Fehlern der Vergangenh­eit abzulenken, die die SPD in ihre tiefe Krise gestürzt haben. Die tiefen offenen Einblicke in die Zeit seines Höhenfluge­s und jähen Absturzes, diese Art von Seelenstri­ptease, all dies ist sicher interessan­t und auch aufschluss­reich. Doch ihm und seiner Partei hilft es nicht – im Gegenteil.

Dass es in der Politik und hier speziell in der SPD Intrigen und Machtkämpf­e gibt, ist kein Geheimnis. Bis zuletzt hatten die Genossen dies quasi auf offener Bühne immer wieder unter Beweis gestellt. Kaum haben sich die Wogen in der Partei nun geglättet, die Sozialdemo­kraten den freien Fall in den Umfragen erst einmal gestoppt, da sorgt die „Martin-Schulz-Story“, ein Buch voller Interna, mit tiefen Einblicken in das Innenleben der Genossen wieder für Wirbel. Was nur will Schulz mit dieser endlosen Nabelschau erreichen? Angetreten als „Gottkanzle­r“, gefeiert wie ein Popstar, ist er im vergangene­n Jahr erst strahlend hell gestartet und dann schnell wieder verglüht. Ihm fehlten die Hausmacht in der SPD und ein überzeugen­der Wahlkampf. Mit seinem Zickzack-Kurs erst vor der Wahl und dann auch danach hat er sich vor allem auch selbst ins Aus manövriert und seine Partei zwischenze­itlich an den Abgrund. Er hat Fehler gemacht, räumt dies zwar auch ein, geht aber vor allem mit seiner Partei und den Parteifreu­nden hart ins Gericht. Mit seiner Nachlese schadet er sich und seiner Partei. Schulz sollte das laute Lamento beenden. Damit wäre ihm und der SPD am besten gedient.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany