„Ein Kurswechsel ist möglich“
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz über Grenzschutz und 100 Amtstage
FRAGE: Wie haben Sie die ersten 100 Tagen als Kanzler erlebt? KURZ: Was ich in den ersten 100 Tagen positiv erlebt habe, ist, dass es möglich ist, Veränderung einzuleiten und auch einen Kurswechsel zustande zu bringen, wenn man sich anstrengt, wenn man möchte und wenn auch der politische Wille da ist. Wir haben in den zentralen Fragen eine ganz klare Richtung eingeschlagen: mehr Sicherheit, weniger Steuerlast. Und mit dem Zwei-Jahres-Budget gibt es erstmals seit über 60 Jahren ein Ende der Schuldenpolitik in Österreich. FRAGE: Was kommt in den nächsten 100 Tagen auf die Österreicher zu? KURZ: Wir wollen eine striktere Asyl- und Migrationspolitik durchsetzen, um illegale Migration nach Österreich weiter zu reduzieren und mehr Sicherheit zu schaffen. Wir werden auch unser Sozialsystem überarbeiten und es gerechter gestalten. Das bedeutet insbesondere, die Mindestsicherung für Menschen zu reduzieren, die noch nicht in unser System eingezahlt haben – also für Zuwanderer, die neu nach Österreich kommen. FRAGE: Werden Deutschland und Österreich harmonischer im Bereich Migration zusammenarbeiten können, jetzt wo Horst Seehofer Mitglied der neuen deutschen Regierung ist? KURZ: Es stimmt, dass wir in manchen Fragen auch immer wieder unterschiedlicher Meinung sind. Die Migrationsfrage war eine davon. Ich bin aber froh, dass es in dieser Frage in Deutschland sehr viel Bewegung in die richtige Richtung gegeben hat. Die Haltung Deutschlands heute
ist anders als im Jahr 2015. Das ist gut so. Ich bin überzeugt, dass wir mit Horst Seehofer als Innenminister, aber natürlich auch mit der Kanzlerin gut zusammenarbeiten werden. FRAGE: Wie sehen Sie eine etwaige Weiterf-hrung der Kontrollen an deutschen .renzen? KURZ: Die Bürger in Europa werden zu Recht froh sein, wenn es die Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union nicht mehr gibt. Damit das möglich wird, braucht es aber endlich funktionierende Außengrenzen. All jene, die bei der Migrationspolitik einen falschen Kurs verfolgt haben, sind dafür verantwortlich, dass diese Grenzkontrollen innerhalb Europas überhaupt erst notwendig geworden sind. Wir werden alles tun, um unseren EU-Ratsvorsitz zu nutzen, dass es endlich eine stärkere europäische Zusammenarbeit zum Schutz unserer Außengrenzen gibt. FRAGE: Wie soll dieser /erstärkte .renzschutz ganz konkret aussehen? KURZ: Man darf die Länder an der Außengrenze, wie Griechenland oder Italien oder Bulgarien, nicht alleine lassen. Es braucht einen personellen wie auch finanziellen Beitrag aller Mitgliedstaaten. Österreich ist bereit, hier einen überproportionalen Beitrag zu leisten. Ganz wichtig ist aber vor allem die politische Entscheidung für das Mandat von Frontex oder einer potenziellen neuen Behörde: Nämlich nach der Rettung (aus dem Mittelmeer) die Rückstellung in das Herkunftsoder Transitland oder an einen anderen sicheren Ort außerhalb Europas vorzubereiten. Alles andere führt zur totalen Pberforderung in Mitteleuropa.