Sakten immer, Leidenschaft nie
Bob Woodward wird 75 – Mit der Watergate-Affäre Geschichte geschrieben
Er könnte es sich einfach machen. Hurtig Parallelen zwischen Richard Nixon und Donald Trump ziehen und daraus satten Profit schlagen – denn wenn einer US-Präsidenten beurteilen kann, dann Bob Woodward. Das schnelle Urteil aber ist ihm zuwider. Eine Legende ist der Journalist längst, aber auch immer noch ein strenger Lehrer, und seine Prinzipien sind unerschütterlich. An diesem Montag wird er 75 Jahre alt.
„Jeder hat seine Version der Wahrheit“, sagte Woodward bei einer Veranstaltung im Februar, „dabei gibt es Fakten“. Seine Studenten lehrt er online, wie wichtig menschliche Quellen seien, nicht nur Daten und Unterlagen. Und er fordert: „Sammelt. Niemand gibt Euch alleine das ganze Bild.“Oft bekomme man als Journalist einen Mix aus Wahrheit und Unwahrheit. „Unser Job? Verifizieren.“
Woodwards größter Coup: Damals keine 30 Jahre alt, deckte er zusammen mit seinem damaligen Kollegen Carl Bernstein Anfang der 70er Jahre die Watergate-Affäre auf. Sie ist der bis heute trotz mancher Konkurrenz größte politische Skandal der jüngeren US-Geschichte. Ein Geflecht aus Verschwörung, Wahlkampfmanipulation, Amts- und Machtmissbrauch erschütterte die USA, stürzte sie in eine tiefe politische Vertrauenskrise. Im August 1974 trat der Republikaner Nixon als erster und bislang einziger US-Präsident zurück.
Woodward stammt aus Illinois, studiert Geschichte und englische Literatur, dient fünf Jahre in der Navy. Statt für ein Jurastudium entscheidet er sich für eine Bewerbung bei der „Washington Post“– wo die spätere Lichtgestalt eine zweiwöchige Probezeit nicht übersteht.
Nach einem Jahr bei einer Wochenzeitung startet Woodward dann im September 1971 doch noch bei der „Post“. Er beginnt als Polizeireporter, abends von 18.30 bis morgens um 2.30 Uhr. Ben Bradlee stellt ihn ein, der legendäre Chefredakteur. Der wird später sagen: „Den Einfluss, den Bob Woodward auf meine Zeitung und meine Zeit als Chefredakteur hatte, kann man gar nicht überschätzen. Er ist mit Sicherheit der beste investigative Reporter seiner Generation. Woodward hat sich seit Watergate an der Spitze gehalten.“
Ausgeruht hat Woodward sich tatsächlich nie. Er ist Autor von 18 Büchern, darunter zwölf Nummer-eins-Bestseller. Das berühmteste war sicher 1974 „All The President’s Men“über Watergate, zusammen mit Bernstein. Alan J. Pakulas Verfilmung („Die Unbestechlichen“) mit Robert Redford und Dustin Hoffmann machte Woodward 1976 erst recht unsterblich. Seinen Darsteller Redford soll Woodward eng begleitet haben, bis zu vier Mal am Tag telefonierten die beiden miteinander.
Für seine Arbeiten zu Watergate erhielt Woodward 1973 den Pulitzer-Preis, einen zweiten 2003 für die Berichterstattung über die Anschläge des 11. September 2001. Dazu kamen über die Jahre viele namhafte Auszeichnungen des US-Journalismus. Kritisiert wurde Woodward dafür, dass er oft Informationen für seine Bücher gehortet habe, statt sie zu aktuellen Geschichten der „Post“zu verarbeiten.