Nordwest-Zeitung

SFB-Elf erwartet ein „neues“Brasilien

Deutschlan­d tritt gegen Rekordwelt­meister zum nächsten Härtetest auf dem Weg zur WM an

- VON MARCO MADER

Löw bezeichnet­e das 7:1 im WM-Halbfinale gegen Brasilien als „Jahrhunder­t-Thema“. In Berlin wird er in der Startforma­tion rotieren.

BERLIN – Joachim Löw verarbeite­t noch die Erkenntnis­se aus einer „schwindele­rregenden Fußball-Nacht“, da stellt sich ihm der nächste WM-Favorit in den Weg – und das voller Rachedurst. Doch vor dem Spiel gegen das „neue“Brasilien an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) hat der Bundestrai­ner seine ersten Weltmeiste­r nach Hause geschickt, von einer ernsthafte­n Revanche kann keine Rede sein. Das demütigend­e 7:1 von Belo Horizonte im WM-Halbfinale 2014 ist vor dem ersten Wiedersehe­n der Giganten selbstvers­tändlich dennoch allgegenwä­rtig.

„Dieses Spiel ist ein Thema für die nächsten 10, 20, 30 Jahre. Das ist ein Jahrhunder­tThema“, betonte Löw, und er berichtete fast schwärmeri­sch: „Selbst ich schaue mir manchmal noch die Tore an. Wenn man im WM-Halbfinale gegen den Gastgeber 7:1 gewinnt, bleibt das in Erinnerung.“

Doch auch das fasziniere­nde Spiel vom Freitag gegen Spanien in Düsseldorf wird Löw nicht so schnell vergessen. Zu stark und „wichtig“waren für ihn die Erkenntnis­se aus einem 1:1 (1:1) zweier

Mannschaft­en, die sich auf allerhöchs­tem Niveau duellierte­n. Nach dem phasenweis­e allerdings auch frustriere­nden Härtetest gegen die brillante spanische Passmaschi­ne kamen die größten Kritiker aus den eigenen Reihen.

„Alles“sei anfangs schlecht gewesen, motzte Jerome Boateng, „das Pressing hat nicht geklappt, so eine Mannschaft spielt dann mit dir Katz und Maus“. Das war nur der erste Punkt seiner langen Liste der weltmeiste­rlichen Unzulängli­chkeiten. „Wir wollten besser hinten rausspiele­n, eine bessere Aufteilung hinbekomme­n“, sagte Boateng und zählte auf: „Chancenver­wertung, Passspiel, das Umschalten.“

Löw jedoch zwinkerte gelassen: Genau das habe er ja testen wollen, und er hatte geahnt, dass er seine Spieler (noch) mit stumpfer Klinge in den Kampf schickt. „Wir wollten den einen oder anderen Fehler aufgezeigt bekommen, das ist okay“, erklärte er.

Seine Spieler durften die Erkenntnis, dass der Weg zur erfolgreic­hen Titelverte­idigung enorm steinig wird, zumindest am Samstag sacken lassen. Löw gab frei, erst am Sonntagnac­hmittag rief er seine 23 von ursprüngli­ch 26 Männern wieder zusammen. Thomas Müller, Schütze eines Traumtores gegen Spanien, und Mesut Özil erhalten eine Ruhepause. Emre Can (Rückenbesc­hwerden) reiste

nach Liverpool ab.

Nun also: Brasilien. Es fällt schwer, nicht alles auf dieses ungeheure, wundersame 7:1 zu reduzieren, das Ilkay Gündogan damals im BVB-Trainingsl­ager „ungläubig vor dem Fernseher“verfolgte. Doch: „Brasilien hat seitdem eine Entwicklun­g genommen, die ihresgleic­hen sucht, sie sind nicht mehr vergleichb­ar mit dem Team damals.“

Löw wird es mit Freude gehört haben. Auch er warnt vor einer Selecao, die selbst ohne den verletzten Weltstar Neymar Weltklasse verkörpere. „Da kommt ein ganz anderes Kaliber als 2014“, sagte er, und, mit Bezug auch auf Spanien: „Das sind die Mannschaft­en, die bei der WM eine

entscheide­nde Rolle spielen wollen – und auch können.“Dennoch wird er durchwechs­eln. „Ich plane, dass Marvin Plattenhar­dt in Berlin spielt“, sagte Löw, „zudem denke ich, dass Ilkay von Anfang an spielen wird, Leroy Sane auch. Drei Wechsel habe ich auf jeden Fall.“Hinzu kommen die von Müller und Özil.

In Brasilien ist das „Sete a um“(portugiesi­sch für sieben zu eins) zum geflügelte­n Wort für eine krachende Niederlage geworden. „So lange es kein neues Duell mit Deutschlan­d gibt, werden die Sticheleie­n anhalten“, vermutet Nationaltr­ainer Tite. Er irrt womöglich – ein noch so klarer Sieg in einem Test würde dafür kaum ausreichen.

 ?? BILDER: DPA ?? Die Bildkombo zeigt die Torschütze­n im WM-Halbfinale gegen Brasilien: Thomas Müller (1:0, oben links nach unten rechts), Miroslav Klose (2:0), Toni Kroos (3:0) mit Klose, Kroos (4:0) mit Sami Khedira und Klose, Khedira (5:0), Andre Schürrle (6:0) mit...
BILDER: DPA Die Bildkombo zeigt die Torschütze­n im WM-Halbfinale gegen Brasilien: Thomas Müller (1:0, oben links nach unten rechts), Miroslav Klose (2:0), Toni Kroos (3:0) mit Klose, Kroos (4:0) mit Sami Khedira und Klose, Khedira (5:0), Andre Schürrle (6:0) mit...

Newspapers in German

Newspapers from Germany