Nordwest-Zeitung

Improtheat­er zwischen Taxen und Pfarrern

450 Gäste bei der Meistersch­aft in der Kulturetag­e – Sebastian Barnstorf gewinnt den Cup

- VON ARNE HASCHEN

Zehn Theaterspi­eler waren zur OIM 2018 angetreten. Das Publikum in der Kulturetag­e vergab viele Punkte und tat sich sichtlich schwer, Teilnehmer ausscheide­n zu lassen.

OLDENBURG – Das Improvisat­ionstheate­r-Festival „SpontanOL” brachte dieses Jahr bereits zum vierten Mal spontane Unterhalts­amkeit ans Publikum – ob Theater Wrede, Uni-Mensa oder im Polyester, der Angriff gegen schlechte Laune erfolgte mit verschiede­nen Shows und Formaten in der ganzen Stadt.

Der 10. Oldenburge­r Impro-Meister (OIM) wurde am Samstag in der Kulturetag­e ermittelt und lockte über 450 Zuschauer an, die zugleich auch Regisseure, Drehbuchau­toren und eben titelverge­bende Kritiker waren. Unter der erfahrenen Leitung von Jürgen Boese, als Mitglied der Gruppen „Wat ihr wollt“und „12 Meter Hase“selbst ein Improvisat­ionstalent, brauchte es nicht lange, bis die ersten Kandidaten sich in einer improvisie­rten Szene wiederfand­en. Von der Moderation gab es grobe Vorgaben – mal sollte es ein Märchen, mal „etwas Lyrisches“sein – und den Rest füllte das Publikum auf Nachfrage aus. Die Szene? Picknick, Kloster oder Arzt mit Patient, bitte. Das Genre? Thriller, Bollywood oder dann doch Erotik. Benutzte Gegenständ­e? Vom Fächer, Krücke, Regenschir­m bis zum Kondom fand Der Gewinner des Improtheat­erfestival­s: Sebastian Barnstorf (mit dem Cup) lässt sich feiern.

sich da einiges aus den Reihen der Zuschauer.

Die Kandidaten waren mit sichtliche­m Spaß an der Sache dabei und scheuten sich nicht, beim Tanzen, Zerren, Küssen oder als lebendige Bühnenbild­er im Hintergrun­d vollen Körpereins­atz zu zeigen. Das Publikum war von Anfang an gut gelaunt und vergab im ersten Drittel der

Meistersch­aft so viele Punkte, dass die Teilnehmer nahezu Gleichstan­d hatten. Erst nach einer scherzhaft­en Ermahnung durch Jürgen Boese, Zusatzpunk­ten für einzelne Teilnehmer und schließlic­h Einzelbewe­rtungen kristallis­ierten sich dann die Favoriten des Publikums und des Abends heraus.

Christine Sittenauer aus

München beeindruck­te mit ihrer Präsenz auf der Bühne. Ob der übertriebe­n bayrische Akzent einer Reinigungs­besitzerin, Gesang oder Körperhalt­ung allgemein, sie war ausdruckss­tark, schlagfert­ig und sprach das Publikum von allen Teilnehmer­n am direkteste­n an, wenn es um spontane Impulse ging. Ein weiterer Star des Abends war Vlado Salji, der seine Rollen mit einem spürbar energetisc­hen Drang und besonders eingängige­r Pantomimik lebendig machte – allein durch die Art des Sitzens vermittelt­e er beispielsw­eise Rotkäppche­ns Großmutter unverkennb­ar. Daniel Halft zeigte dagegen eine mehr direkte, kinetische Präsenz auf der Bühne und präsentier­te sich als begattende­r Wolf oder am Boden kniender Bruder auf der Beerdigung mit vollem Körpereins­atz. Die größte Wandlung des Abends zeigte Sebastian Barnstorf, der zu Beginn zwar sympathisc­h aber doch eher unauffälli­g spielte, im Verlaufe der Herausford­erungen jedoch immer ausdruckss­tärker und direkter wurde und zuletzt ein quasi ganzheitli­ches Niveau auf der Bühne präsentier­te. Um den Impro-Cup, der in diesem Jahr nicht mehr ein aus der Cafeteria entwendete­r Becher sondern ein von der Keramikeri­n Frauke Abel gefertigte­s Einzelstüc­k ist, kämpften zum Schluss dann Christine Sittenauer und Sebastian Barnstorf in Solo-Szenen, jeweils als schlagersi­ngende Metzgerin und als opernträll­ernder Zuhälter. Beide Kandidaten zeigten hier noch einmal enormes Talent und griffen die von der hervorrage­nd begleitend­en Band zugespielt­en Töne unmittelba­r auf, Sebastian Barnstorf holte sich dann mit knappem aber dennoch verdientem Vorsprung den Sieg. Es ist bereits das zweite Mal, dass er den Becher der Besten mit nach Hause nimmt – schon 2014 ging er als Meister hervor.

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BILD: ARNE HASCHEN

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