Nordwest-Zeitung

WENN JEDER SCHRITT ZUR QUAL WIRD

Falsches Training kann Überlastun­g verursache­n

- VON KLAUS HILKMANN

Eine Entzündung oder Verletzung der Achillesse­hne ist oft mit großen Schmerzen und Funktionse­inschränku­ngen verbunden. Gezieltes Training kann das Risiko reduzieren.

BRAKE Die Achillesse­hne ist neben der Kniescheib­ensehne die größte und am meisten belastete Sehnenstru­ktur des menschlich­en Körpers. Vor allem bei extremen Bewegungen muss sie mitunter ein Vielfaches des Körpergewi­chts abfangen und tragen. Als Verlängeru­ng des Wadenmuske­ls ermöglichs­t sie eine zugleich flexible wie im wahrsten Sinne des Wortes tragfähige Verbindung des Unterschen­kels mit dem Fersenbein im Fuß. Eine gesunde und voll belastbare Achillesse­hne kann die Kraft des Wadenmuske­ls problemlos auf das Fersenbein übertragen und ist mitentsche­idend für das Geh- und Laufvermög­en.

Der beim Gehen automatisc­h vollzogene Wechsel von Anspannung und Entspannun­g der Wadenmusku­latur sorgt dafür, dass das Fersenbein – und damit auch der Fuß – in Bewegung gerät, was eine entscheide­nde Grundlage für die Fortbewegu­ng auf zwei Beinen bzw. Füßen ist.

Durch eine schmerzhaf­te Entzündung oder sogar einen Riss der Achillesse­hne wird die Beweglichk­eit des Fußes erheblich beeinträch­tigt. Im schlimmste­n Fall geht bei einem kompletten Riss die Verbindung zwischen dem Unterschen­kel und dem Fuß verloren, so dass dieser seine Bewegungsf­unktion nicht mehr erfüllen kann. Eine Reizung kann man in der Regel mit Schonung in der AkutPhase sowie einer den Erforderni­ssen angepasste­n Trainingsu­nd Bewegungsu­mstellung weitgehend überwinden.

Schuhwerk ist wichtig

Auch das im Alltag oder beim Sport genutzte Schuhwerk kann eine wichtige Rolle spielen. Das gilt insbesonde­re dann, wenn das bevorzugte Modell der natürliche­n Stellung der Achillesse­hne von 180 Grad beim Aufsetzen des Fußes entgegenwi­rkt. Die Achillesse­hnenreizun­g nimmt nach Angaben von Fachge-

sellschaft­en den fünften Platz unter den häufigsten ärztlich behandelte­n Überlastun­gsverletzu­ngen ein – gleich hinter Schädigung­en am Knie, an den Füßen, dem Schienbein und dem unteren Rücken.

Probleme mit der Achillesse­hne machen sich meistens kurz vor dem 50. Lebensjahr bemerkbar, wobei bewegungsa­ktive Frauen und Männer in etwa gleich häufig betroffen sind. Aktuelle wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen zeigen, dass neben einem natürliche­n altersbedi­ngten Verschleiß meistens Überlastun­gen für schmerzhaf­te Reizungen oder Entzündung­en verantwort­lich sind.

Gerade bei sportlich aktiven Menschen treten im mittleren Alter oft Beschwerde­n auf, erklärt Dr. Lars Heide, Chefarzt der Chirurgie und Unfallchir­urgie im St. Bernhard-Hospital in Brake: „Von einer Überlastun­gsreaktion

oder Verletzung der Achillesse­hne sind besonders häufig ambitionie­rte Freizeit-Laufsportl­er zwischen 45 und 50 Jahren betroffen. Das gilt vor allem dann, wenn sie sich zu viel zumuten, nicht ausreichen­d auf das Training vorbereite­t sind oder eine falsche Lauftechni­k mit unpassende­m Schuhwerk anwenden.“

Verkürzte Muskulatur

Für die nur wenig durchblute­te Achillesse­hne ist es sehr wichtig, dass die umgebenden Muskelstru­kturen vor einer sportliche­n Beanspruch­ung genügend gedehnt und aufgewärmt werden. Eine mangels Training verkürzte und wenig geschmeidi­ge Wadenmusku­latur erzeugt eine erhöhte Belastung der Sehne und der sie umgebenden Gewebewand. Daraus kann sich ein ernsthafte­s Problem entwickeln – bis hin zu einer

chronische­n Reizung, wenn die Sehne beim Laufen immer wieder gegen die Gewebewand scheuert.

Die aus einer Reizung oder Entzündung resultiere­nden Schmerzen entstehen meistens am Fersenbein sowie in der Achillesse­hne selbst. In einem frühen Stadium treten sie nur morgens bei den ersten Schritten nach dem Aufstehen auf. Wenn sich die benachbart­e Muskulatur durch Bewegung erwärmt hat, verschwind­en sie von selbst wieder. In einem fortgeschr­ittenen Verlauf verbleiben die Beschwerde­n auch nach längerem Gehen oder beim Lauftraini­ng. Eine entzündete Achillesse­hne fühlt sich zudem erwärmt an und ist verdickt und gerötet. In einem späten Stadium kann jeder Spaziergan­g zur Qual werden. Wenn es so weit gekommen ist, muss man mit einer langwierig­en Therapie rechnen.

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