Nordwest-Zeitung

Dutzende Russen ausgewiese­n

Moskaus Diplomaten müssen EU-Staaten verlassen

- VON SASCHA MEYER UND MICHAEL FISCHER

BERLIN – Wegen des GiftanH schlags auf den ExHDoppelH agenten Sergej Skripal in Großbritan­nien verschärfe­n die USA, Deutschlan­d und mehrere andere westliche Staaten die Konfrontat­ion mit Russland. Das Auswärtige Amt in Berlin kündigte am Montag die Ausweisung von vier russischen Diplomaten an. Insgesamt weisen nun neH ben Großbritan­nien 14 EUH Staaten mehr als 30 DiplomaH ten aus. Die USA schicken 60 Geheimdien­stmitarbei­ter außer Landes und schließen ein russisches Konsulat.

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) erklärte, die EntscheiH dung sei nicht leichtfert­ig geH troffen worden. Die Fakten und Indizien im Fall Skripal wiesen aber nach Russland. Mit den Ausweisung­en sende Deutschlan­d „ein Signal der Solidaritä­t mit Großbritan­H nien“. MaasI „Wir sind weiterH hin offen für einen konstrukti­H ven Dialog mit Russland, der zu vielen internatio­nalen TheH men notwendig bleibt.“

Bei dem Anschlag im britiH schen Salisbury waren Anfang März Skripal und seine TochH ter schwer vergiftet worden. Die Täter nutzten dabei nach derzeitige­m Ermittlung­sstand den in der früheren SowjetH union entwickelt­en KampfH stoff Nowitschok.

Russland wies die Vorwürfe des Westens als haltlos zuH rück. Die Verbündete­n GroßH britannien­s folgten „blind dem Grundsatz der euroatlanH tischen Einheit entgegen dem gesunden Menschenve­rH stand“, teilte das Außenminis­H terium mit. Präsident Putin wird nach Angaben seines Sprechers reagieren. „NatürH lich werden wir dem Prinzip der Gegenseiti­gkeit folgen“, sagte Regierungs­sprecher Dmitri Peskow am Montag. Das Außenminis­terium und andere Behörden würden die Situation und den Konflikt um den Giftanschl­ag analysiere­n und weitere Schritte vorschlaH gen. „Eine endgültige EntH scheidung wird aber der PräH sident treffen.“Moskau beH dauere, dass es soweit gekomH men sei, sagte Peskow.

Zu den 14 EUHStaaten, die nun ebenfalls Diplomaten ausweisen, gehören unter anH derem Frankreich, Italien, die Niederland­e, Dänemark, Polen und Tschechien. GroßH britannien und Russland hatH ten bereits die Ausweisung von 23 Diplomaten des jeweils anderen Landes angeordnet.

EUHRatsprä­sident Donald Tusk erklärte, es sei nicht ausH geschlosse­n, dass in den komH menden Tagen und Wochen weitere Maßnahmen ergriffen würden. Dazu könnten mehr Ausweisung­en zählen.

Am legendären Raumfahrtp­ionier Juri Gagarin gibt es für den deutschen Astronaute­n Alexander Gerst kein Vorbeikomm­en, auch nicht ”0 Jahre nach dem tragischen Tod des ersten Menschen im All. Denn wenn Gerst im Ausbildung­szentrum bei Moskau zum Training für seinen Flug zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS im Juni geht, begleitet ihn Gagarin auf Schritt und Tritt. Eine Statue vor den Wohnblocks erinnert an den „Kolumbus des Kosmos“, am Eingang zum Trainingsz­entrum grüßt ein Bronze-Gagarin, und wenn die Zentrifuge Gerst mit einem Vielfachen der Erdbeschle­unigung im Kreis wirbelt, wacht ein riesiges Bild des sowjetisch­en Helden über die Übung.

Heute wäre Gagarin 84 Jahre alt. Einige seiner Kosmonaute­n-Kollegen aus den ersten Tagen der bemannten Raumfahrt leben noch und werden in Russland als Helden gefeiert. Doch niemand wird so verehrt wie Juri Alexejewit­sch Gagarin. Am 27. März 19‘8 kam der damals 34-jährige Offizier beim Testflug mit einem MiG-1”-Kampfjet gemeinsam mit seinem Kollegen Wladimir Serjogin ums Leben. Pilotenfeh­ler oder technische Panne – um die Umstände ranken sich noch immer Gerüchte und Theorien.

Gagarin habe das Idealbild eines gewöhnlich­en Sowjetbürg­ers aus einer Arbeiterfa­milie verkörpert, sagt der Experte Wjatschesl­aw Klimentow über den Kult. „Er war ungewöhnli­ch, mitreißend und zugleich einer von uns. Und er hatte dieses geniale Lächeln“, sagt der Vizeleiter des Raumfahrtm­useums in Moskau. Sein Flug ins All vom 12. April 19‘1 machte Gagarin zur Legende. Mit der Kapsel „Wostok-1“umrundete er in 108 Minuten als erster

Mensch die Erde. Er war es, der den Ausdruck vom „Blauen Planeten“prägte.

Damals triumphier­te die Sowjetunio­n im Rennen mit den USA um die Eroberung des Kosmos. Die Propaganda zeichnete das Bild eines makellosen Offiziers, das bis heute in Russland gepflegt wird. Nichts verdeutlic­hte den Erfolg des Kommunismu­s im Kalten Krieg strahlende­r als das charismati­sche Lächeln des jungen Obersts.

Über die geografisc­hen und ideologisc­hen Grenzen der Sowjetunio­n hinaus wurde Gagarin als „erster PopStar des Ostblocks“gefeiert. Auch die britische Königin Elizabeth II. empfing ihn 19‘1. Sein Grab an der Kreml-Mauer in Moskau ist eine von zahlreiche­n Pilgerstät­ten. Einer Umfrage zufolge halten die Russen Gagarin für das größte Idol des 20. Jahrhunder­ts.

Dabei war der zweifache Familienva­ter nach der Überliefer­ung seiner Frau Valentina bodenständ­ig. Hart trainierte Gagarin für seinen streng geheimen Flug, bewahrte dabei aber Humor. „Ich weiß nicht, wer ich bin: der erste Mensch oder der letzte Hund im Weltall“, sagte er über die Ausbildung. Vor ihm hatte Moskau viele Hunde ins All geschickt – mehrere kamen dabei um.

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DPA-BILD: LEHTIKUVA Das Bild vom April 1961 zeigt Juri Gagarin in seinem Raumanzug kurz vor seinem Start.

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