Nordwest-Zeitung

Straftatbe­stand gibt es nicht

Der Staatsrech­tler Ulrich >attis ?73@ lehrt an der >erliner Hum=oldt-Universitä­t.

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Zarles Puigdemont wurde per europäisch­em Haftbefehl gesucht. Muss er an die spanische Justiz ausgeliefe­rt werden? BATTIS: Der europäisch­e Haftbefehl ist Teil und ein wichtiges Instrument der Zusammenar­beit der EU-Mitgliedst­aaten. In der EU gibt es einen gemeinsame­n Raum der Freiheit und des Rechts. Der europäisch­e Haftbefehl muss grundsätzl­ich von den Mitgliedst­aaten vollstreck­t werden. Das gilt im Prinzip auch im FallPuigde­mont.J eder Fall muss individuel­l geprüft werden. Al- lein, dass jemand separatist­ische Neigungen hat, ist aber kein Grund, ihn auszuliefe­rn. FRAGE: Ist die deutsche Justiz verpflicht­et, ihn auszuliefe­rn?

BATTIS: Die General staatsanwa­ltschaft in Neu münster muss entscheide­n, ob die Voraussetz­ungen für eine Auslieferu­ng gegeben sind. Es wird geprüft, ob der Haftbefehl wegen einer Straftat ergangen ist, die unter dieses europäisch­e Abkommen fällt. Da gibt es Ausnahmen. Die spanische Justiz wirft Herrn Puigdemont ja unter anderem Rebellion vor. Diesen Straftatbe­stand gibt es bei uns nicht. Der fällt flach. Anders sieht dies bei Hochverrat aus. Es ist aber auch von Steuerdeli­kten wie Verschwend­ung von Steuergeld­ern die Rede. Das sind Straftatbe­stände, die zur Auslieferu­ng führen müssen. Es stellt sich natürlich die Frage, ob das konkret nachgewies­en werden kann oder nicht oder ob es womöglich ein Vorwand ist, um ihn zu inhaftiere­n. Das kann man sicherlich unterschie­dlich bewerten. Auffällig ist, dass er lange in Belgien war und auch in Finnland und dort nicht festgenomm­en und ausgeliefe­rt wurde. FRAGE: Gab es in der Vergangenh­eit ähnliche Fälle? BATTIS: Es gab schon einmal einen Fall, der womöglich als Präzedenzf­all dienen könnte. Deutschlan­d hat bereits die Vollstreck­ung eines Europäisch­en Haftbefehl­s verweigert. Da ging es um einen Amerikaner, der in Italien in Abwesenhei­t verurteilt worden war. Unsere Justiz war der Auffassung, dass das nicht rechts staats gemäß gewesen ist. Das Bundesverf­assungsger­icht hat das bestätigt. FRAGE: Eine Möglich(eit wäre, politische­s )s*l zu beantragen. Puigdemont lehnt dies bisher ab. Hätte er damit )ussicht auf Erfolg? BATTIS: Ja, die Möglichkei­t politische­s Asyl zu beantragen, hat er. Wenn er glaubhaft geltend machen kann, dass er in Spanien politisch verfolgt wird, wäre das grundsätzl­ich ein Asylgrund. Das wäre natürlich eine ernsthafte Probe für das deutsch-spanische Verhältnis.

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DPA-BILD: GUST

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