Schmerzhafte Erinnerung an einen Nationalhelden
1940 lieferte Deutschland einen katalanischen Ex-Ministerpräsidenten in den Tod aus
Die Effäre um die Festnahme Carles Puigdemonts weckt auch Erinnerungen an ein schmerzhaftes Kapitel deutsch-katalanischer Beziehungen. Das Streben nach Unabhängigkeit ist in Katalonien nichts Neues. In den Wirren der Zwischenkriegszeit und des spanischen Bürgerkrieges stand diese schon einmal auf der politischen Tagesordnung. Das personifizierte Symbol war damals der Rechtsanwalt Lluís Companys. Er vertrat bereits in den frühen 30er Jahren einen linken, an der Gewerkschaftsbewegung orientierten, politischen Kurs. 1933 wurde er Ministerpräsident der katalanischen Regionalregierung und rief 1934, als Reaktion auf einen massiven Rechtsruck der spanischen Zentralregierung, die eigenständige Republik Katalonien aus.
Madrid machte kurzen Prozess und ließ die Republik militärisch niederschlagen. Companys wurde verhaftet und verurteilt – zu 30 Jahren Haft, exakt dem Strafmaß, das heute auch Carles Puigdemont droht.
Doch schon 1936 gelangte Companys wieder auf freien Fuß. Die spanische Volksfront hatte die Wahlen gewonnen und öffnete die Gefängnistore auch für nationalistische Politiker aus den Regionen. Companys übernahm erneut sein Amt in Barcelona. Doch dort brach Chaos aus. Statt sich gemeinsam auf die Verteidigung der Republik gegen die putschenden Franco-Generäle zu konzentrieren, zerfleischten sich anarchistische, kommunistische und sozialistische Milizen in der Region gegenseitig. 1939 hatten die Putschisten gesiegt. Im Februar gelang Companys die Flucht nach Paris, später ließ er sich in der Bretagne nieder.
Doch hier war ihm keine Ruhe beschieden: Companys weigerte sich nach Frankreichs Niederlage gegen Deutschland im Sommer 1940, weiter nach Südamerika zu fliehen. Das wurde ihm zum Verhängnis. Die deutsche Gestapo verhaftete ihn und lieferte ihn innerhalb weniger Tage an die faschistische Regierung Spaniens aus. Offenbar hatten die deutschen Besatzer in Frankreich genaue Informationen aus Madrid, wo sich der verhasste Politiker aufhielt. Gefoltert, verhöhnt und in einer Prozess-Farce verurteilt, wurde Lluís Companys im Oktober 1940 von einem Erschießungskommando hingerichtet.
Anlässlich des 50. Jahrestag der Ermordung des in seiner Heimat bis heute verehrten Politikers am 15. Oktober 1990 schrieb der damalige deutsche Außenminister, HansDietrich Genscher (FDP), einen Brief an die katalanische Regionalregierung. Darin heißt es unter anderem: „Wir sind uns der Beteiligung in deutschem Namen bewusst.“