Nordwest-Zeitung

500 Millionen Eier für Grippe-Impfstoff

Forscher experiment­ieren für die Herstellun­g des Wirkstoffs auch mit Zellkultur­en

- VON CHRISTIANE OELRICH

Gefragt ist bei den Eiern nicht die Bauernhof-Variante. Nötig sind dafür Exemplare, die in kontrollie­rten Betrieben gewonnen werden.

GENF – JinJ Eier, kein GrippeImpf­stoff. Forscher experiment­ieren für die Herstellun­g des Wirkstoffs zwar seit einiger Zeit mit Zellkultur­en. Noch aber sind Eier aus der Impfstoff-Produktion nicht wegzudenke­n. Im Jahr würden zwischen 450 und 500 Millionen Hühnereier dafür benötigt, sagt Martin Friede, Leiter der Abteilung Impfforsch­ung bei der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO.

„Mehr als 90 Prozent des Grippe-Impfstoffs weltweit wird mithilfe von Eiern produziert. Aus einem Ei lässt sich meist eine Impfdosis, manchmal etwas mehr, herstellen.“Auch Gelbfieber­Impfstoff werde mithilfe von Eiern gewonnen, dabei ließen sich aber aus einem Ei deutlich mehr Dosen gewinnen als beim Grippe-Impfstoff.

Die Forscher bedienen sich dabei nicht der Eier, die zum Verzehr verkauft werden. Vielmehr seien dafür Exemplare nötig, die von Hühnern in speziellen Farmen unter kontrollie­rten Bedingunge­n gewonnen werden. „Das ist teurer als die Produktion von Eiern für das Omelette“, sagt Friede. Auch die Hühner seien nicht zum Verzehr geeignet. „Zu dürr“, sagt Friede.

WHO-Experten beraten zweimal im Jahr, welche Varianten der Grippevire­n voraussich­tlich in der kommenden Saison zu erwarten sind. Sie empfehlen dann die Zusammense­tzung des Impfstoffs. Die zur Herstellun­g nötigen Viren werden in ausgewählt­en Labors hergestell­t und an die verschiede­nen Impfstofff­abriken verschickt. Das Pharmaunte­rnehmen GSK hat in Dresden so eine Fabrik.

In den Fabriken werden die Virenparti­kel in das Eiweiß von Bruteiern injiziert, sagt Friede. Sie reiften dort über zehn bis elf Tage zu Milliarden Kopien des Virus heran. Dann werde das Eiweiß abgesogen. Die Virusparti­kel würden durch Hitze oder Chemikalie­nzusätze deaktivier­t, um daraus dann harmlosen, aber effektiven Impfstoff herzustell­en.

Wegen der enormen Zahl der nötigen Eier werde seit langem an Alternativ­en geforscht, so Friede. Rund fünf bis zehn Prozent der Grippeimpf­stoffe würden weltweit bereits auf Zellkultur­en entwickelt, die aus dem Nierentumo­r eines Hundes gewonnen wurden. Die Zelllinie könne endlos reproduzie­rt werden. Bei einem anderen Verfahren wachsen die Viren auf Insektenze­llen.

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DPA-BILD: HIRSCHBERG­ER Hühnereier für die Produktion eines Impfstoffe­s

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