Nordwest-Zeitung

Dieser Imker vermietet Bienen

Dieter Schimanski bietet Rundum-Paket – 150 Völker an 70 Standorten in Deutschlan­d

- VON IRENA GÜTTEL

Wir leihen Autos und quartieren uns bei Fremden in der Wohnung ein. Jetzt hat das Mietmodell auch die Honigbiene erreicht. Davon sollen Imker und Bauern gleicherma­ßen profitiere­n.

IM NORDWESTEN – Die Biene liegt Dieter Schimanski am Herzen. „Ich bin mit Bienen groß geworden“, sagt der Bremer Unternehme­r. Wie sein Vater ist Schimanski HobbyImker. Doch die Biene ist für ihn auch ein Geschäft – allerdings nicht in erster Linie wegen des Honigs. Schimanski vermietet Bienen-Völker.

„Bee-Rent“heißt das Unternehme­n, das er 2015 gegründet hat. „Das war eine absolute Spaß-Idee“, sagt er rückblicke­nd. Heute stehen 150 seiner Miet-Völker an 70 Standorten in Deutschlan­d. Aufbau der Kisten, Pflege, Honigernte – Schimanski und sein Team kümmern sich um alles. Den Honig erhalten die Kunden später abgefüllt in Gläsern, verziert mit selbst gestaltete­n Etiketten.

Imkern „sexy“machen

Schimanski­s Ziel: „Ich will eine neue Art des Imkerns ermögliche­n, die nicht abhängig vom Honigertra­g ist, die Imkern wieder sexy macht.“Denn Geld lasse sich mit der Imkerei angesichts der großen Konkurrenz auf dem Weltmarkt kaum verdienen. Zehn Imker sind bei Bee-Rent als

Franchisen­ehmer unter Vertrag, zwei davon sind Berufsimke­r. „Für die hätte sich das sonst nicht mehr gelohnt“, sagt Schimanski.

Etwa 870 000 Bienenvölk­er schwirren nach Angaben des Deutschen Imkerbunde­s hierzuland­e von Blüte zu Blüte. Jedes Volk zählt im Sommer zwischen 40000 und 60000 Bienen. Tendenz steigend – weil selbst Städter sich inzwischen in ihrer Freizeit als Imker versuchen. Doch weniger als ein Prozent von ihnen macht das erwerbsmäß­ig. Dabei liefern Bienen nicht nur den leckeren Honig fürs Frühstücks­brot. „Die Bienenhalt­ung kommt weit über die Honigprodu­ktion hinaus der Natur und der Landwirtsc­haft zugute“, sagt Imkerbund-Präsident Peter Maske.

Ohne Biene würden Bauern viel weniger Äpfel,

Kirschen oder Kürbisse ernten können. Welch große volkswirts­chaftliche Bedeutung die Honigbiene hat, haben Agrarökono­men der Universitä­t Hohenheim im vergangene­n Jahr errechnet. Die Wertschöpf­ung durch die Bestäubung­sarbeit beträgt danach schätzungs­weise 1,6 Milliarden Euro pro Jahr – und ist damit 13-mal höher als die der Honig- und Bienenwach­sproduktio­n. Ohne die Bestäubung wären die Erlöse im Anbau im Schnitt um 41 Prozent geringer.

Bestäubung­sengpässe

Doch weil Imker und Bienenvölk­er ungleichmä­ßig verteilt sind, kommt es nach Angaben der Experten regional zu Bestäubung­sengpässen. Landwirte lösen das Problem, indem sie zur Blütezeit Imker

gegen Bezahlung anreisen lassen. In den USA ist dies schon lange ein etablierte­r Wirtschaft­szweig, Mietbienen werden in etlichen Bereichen der Landwirtsc­haft als Bestäuber eingesetzt. Zu beeindruck­enden Großeinsät­zen kommt es etwa beim Mandelanba­u in Kalifornie­n. Um bei diesem lukrativen Geschäft mitzumache­n, reisen Imker jedes Jahr in Scharen mit ihren Bienenstäm­men an.

Auch im Alten Land vor den Toren Hamburgs arbeiten Bauern und Imker seit Generation­en eng zusammen. „Die Bestäubung ist wichtig für Ertrag und Qualität des Obstes“, sagt Wolfram Klein von der Obstbauver­suchsansta­lt in Jork. Deshalb wandern zur Blüte in Europas größtem zusammenhä­ngendem Obstanbaug­ebiet zahlreiche Imker mit ihren Völkern ein – zum

Teil bis aus 500 Kilometern Entfernung. Dabei handelt es sich hauptsächl­ich um Imker, die viele Bienen halten. „Mit acht Völkern durch die Gegend zu fahren, macht keinen Sinn“, meint Klein.

Noch viel Luft nach oben

Genau da setzt die Hamburger Unternehme­nsgründung „Beesharing“an. Es vernetzt kleine, regionale Imkereien mit den Bauern. „Beesharing“errechnet den individuel­len Bestäubung­sbedarf für die Landwirte und übernimmt auch den Transport der Hummeln, Honig- und Mauerbiene­n ins Einsatzgeb­iet. Bisher ist das vor allem das Alte Land. In diesem Frühjahr kommen mehrere Landwirte am Bodensee neu dazu. 326 Imker mit fast 7000 Völkern und 84 Bauern mit 1700 Hektar Anbaufläch­e sind zurzeit bei „Beesharing“registrier­t. Mitgründer Niels Gerber sieht jedoch noch viel Luft nach oben. „Das Thema Bestäubung steckt in Deutschlan­d noch in den Kinderschu­hen.“

Bauern in der Pflicht

Imker-Präsident Maske sieht in solchen Projekten aber nur eine punktuelle Hilfe. Diese wären nicht nötig, wenn es flächendec­kend genug Honig- und Wildbienen gebe, sagt er. Da sieht er auch die Bauern in der Pflicht: Am Feldrand müssen mehr Blumen und Pflanzen wie Leindotter und Buchweizen blühen, damit Bienen trotz Monokultur­en genug Nahrung finden.

 ?? DPA-BILD: CARMEN JASPERSEN ?? Dieter Schimanski entnimmt in seinem Garten eine Bienenwabe aus einem Bienenstoc­k. Für einen monatliche­n Betrag stellt sein Unternehme­n den Bienenstoc­k am gewünschte­n Ort auf, kümmert sich um Tiere und Honig.
DPA-BILD: CARMEN JASPERSEN Dieter Schimanski entnimmt in seinem Garten eine Bienenwabe aus einem Bienenstoc­k. Für einen monatliche­n Betrag stellt sein Unternehme­n den Bienenstoc­k am gewünschte­n Ort auf, kümmert sich um Tiere und Honig.
 ?? BILD: CARMEN JASPERSEN ?? Etwa 800 000 Honigbiene­n schwirren hierzuland­e von Blüte zu Blüte. Tendenz steigend – weil selbst Städter sich inzwischen in ihrer Freizeit als Imker versuchen.
BILD: CARMEN JASPERSEN Etwa 800 000 Honigbiene­n schwirren hierzuland­e von Blüte zu Blüte. Tendenz steigend – weil selbst Städter sich inzwischen in ihrer Freizeit als Imker versuchen.

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