Nordwest-Zeitung

Arbeiterhe­im vor neuer !ukunft

Neue Eigentümer­in aus Oldenburg will historisch­es Gebäude am Kanal sanieren

- VON CARSTEN BICKSCHLAG

Der Charakter des Hauses soll erhalten bleiben. Derzeit wird an einem Raumkonzep­t für das alte Gebäude gearbeitet.

OLDENBURG/BÖSEL/EDEWECHTER­DAMM – Auf den ersten Blick hat das ehemalige Arbeiterhe­im Vehnemoor auf der Grenze zwischen Bösel und Edewechter­damm auch nach fast 100 Jahren nichts an Stattlichk­eit verloren. Nur bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, in welch schlechtem Zustand das Gebäude an der Kantinenst­raße ist. Es droht der Verfall. Doch soweit soll es nicht kommen, verspricht die Besitzerin. Im Gegenteil: Sie möchte den roten Klinkerbau von Grund auf sanieren.

Vor über einem Jahr hat Rosa Sternadl aus Oldenburg die herunterge­kommene Immobilie gekauft. „Ich liebe alte Häuser“, verriet sie im Gespräch mit der Ð. Eigentlich hätte sie mit dem Umbau schon eher beginnen wollen, doch das habe sich alles etwas hingezogen. Doch in diesem Jahr soll es endlich losgehen. Das 1924 errichtete Gebäude soll umfangreic­h umgebaut werden. Das Äußere soll erhalten bleiben, innen sollen Wohnungen entstehen. Ein Architekt sei derzeit damit beauftragt, ein Raumkonzep­t zu entwickeln, sagte die Eigentümer­in. Sie geht davon aus, dass im Laufe des Jahres die Das Arbeiterhe­im Vehnemoor zwischen Edewechter­damm und Böseler Gemeindege­biet ist in einem schlechten Zustand. Das könnte sich noch dieses Jahr ändern.

ersten Mieter einziehen. Damit wäre endlich wieder Leben in dem historisch­en Gebäude am Küstenkana­l, das schon längere Zeit leer steht. Dabei haben in dem ehemaligen Arbeiterhe­im eigentlich immer Menschen gelebt. Als Friedrich Graf von Landsberg und Georg Klasmann 1913 in Bösel-Edewechter­damm die Vehnemoor GmbH gründeten, benötigten sie für ihr Torfabbauu­nternehmen nicht nur Mitarbeite­r, sondern auch Unterkünft­e. Für Saisonarbe­iter wurden Baracken zur Verfügung gestellt. Für das Stammperso­nal, Torfmeiste­r und Handwerker hingegen wurde 1924 das dreistöcki­ge Arbeiterhe­im gebaut, in dem 75 Männer untergebra­cht Blick zurück: Das Gebäude hat sich von außen bis heute nicht verändert.

werden konnten. Wie das Gebäude während des Zweiten Weltkriege­s genutzt wurde, welchem Zweck es diente, ist nicht überliefer­t.

Wer dazu etwas weiß, kann sich gerne an die Ð wenden (Tel. 04491/99882900). Fest steht, dass ab 1942 zahlreiche Zwangsarbe­iter aus den Emslandlag­ern im Vehnemoor arbeiten mussten und auch vor Ort in einem Lager untergebra­cht wurden.

Die Wohnungen im Arbeiterhe­im blieben auch nach dem Krieg erhalten. In dem Haus befand sich zudem eine Kantine mit Schanktres­en – als Treffpunkt für die Mitarbeite­r. Das Kuriose: Der Schanktres­en stand genau auf der Gemeindegr­enze von Bösel und Friesoythe (vor der Gebietsref­orm 1974 war es die Gemeinde Altenoythe).

Viele Jahre hielt die Gemeinde Bösel in der Kantine einen monatliche­n Sprechtag ab. Der Böseler Beamte hatte sein „Büro“(ein Schreibtis­ch neben dem Tresen) auf Böseler Hoheitsgeb­iet, der Gang auf die Toilette führte ihn allerdings auf Altenoythe­r Boden. Erst im Jahr 2009 wurden die Linien durch eine Grenzberei­nigung „glatt“gezogen und das Haus gehört seitdem offiziell zu Bösel.

Später wurde das Arbeiterhe­im zu einem Wohnhaus mit Mietwohnun­gen, zwischenze­itlich war auch eine Jugendhilf­eeinrichtu­ng zur Betreuung von jungen Leuten untergebra­cht. Infolge der Flüchtling­szahlen gab es vor einiger Zeit auch Überlegung­en, den Bau als Unterkunft herzuricht­en. Das hat sich mittlerwei­le aber wieder zerschlage­n. Und nun ist mit der neuen Besitzerin aus Oldenburg eine Lösung in Sicht, die das historisch­e (nicht denkmalges­chützte) Gebäude in ihrem Bestand erhalten wird.

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BILD: CARSTEN BICKSCHLAG
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BILD: ARCHIV SCHWALM

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