Todespfleger will schweigen
Niels Högel möchte nicht gegen ehemalige Klinik-Kollegen aussagen
Högel will von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Das Recht erlischt, wenn gegen ihn selbst ein Urteil vorliegt – im Oktober beginnt ein weiteres Verfahren.
OLDENBURG Tragen ehemalige Kollegen des Krankenpflegers Niels Högel eine Mitschuld an Krankenhaus-Morden, weil sie weggeschaut haben?
Eine Antwort auf diese Frage wird möglicherweise noch ein paar Jahre auf sich warten lassen: Das Landgericht Oldenburg will erst dann ein Hauptverfahren gegen die angeklagten Klinikmitarbeiter
eröffnen, wenn ein rechtskräftiges Urteil gegen Högel vorliegt.
Hintergrund: Högel hat angekündigt, in einem Prozess gegen die Ex-Kollegen von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Dieses Recht erlischt al- lerdings, sobald gegen Högel selbst ein Urteil vorliegt. Das will die zuständige Strafkammer nun abwarten.
Bis es so weit ist, können aber noch einige Jahre vergehen: Högel soll sich ab dem 30. Oktober wegen Mordes in 97 Fällen vor Gericht verantworten. Da der Prozess wegen der hohen Zahl von mehr als 120 Nebenklägern in der Weser-Ems-Halle und nicht in einem Saal des Oldenburger Landgerichts stattfinden muss, wird das Gericht nur im Drei-Wochen-Rhythmus jeweils für zwei Tage verhandeln. Experten rechnen damit, dass sich das Verfahren deshalb über mehrere Jahre hinziehen kann.
Der ehemalige Krankenpfleger Niels Högel könnte in den Jahren 2000 bis 2005 bis zu 200 Patienten auf Intensivstationen in Oldenburg und Delmenhorst getötet haben. In sechs Fällen ist er bereits verurteilt worden und verbüßt eine lebenslange Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg. Die Ermittler der Sonderkommission „Kardio“haben Nachweise in 97 weiteren Fällen gefunden. Dafür soll Högel ab Oktober erneut der Prozess gemacht werden.
Zu den Ergebnissen der Soko „Kardio“gehört auch, dass Högel in seinen Vernehmungen gegenüber seinem psychiatrischen Gutachter und vor Gericht gelogen hat. Das Landgericht hat deshalb zwei weitere Gutachten in Auftrag gegeben. Eines soll die Schuldfähigkeit Högels erneut untersuchen, ein zweites soll die Glaubwürdigkeit Högels prüfen.
Ein Dossier zum Fall Högel finden Sie unter www.NWZonline.de/ der-fall-hoegel