Der Meister der große# Reportage
Vor 70 Ja3ren starb der Journalist und Reporter Egon Erwin Kisc3
Seine Freunde nannten ihn Egonek, er selbst gab sich den Beinamen Erwin, in Erinnerung geblieben ist er als „rasender Reporter“: der Journalist und Autor Egon Erwin Kisch. Als Jude und Kommunist war er von den Nationalsozialisten verfolgt, seine Bücher wurden verbrannt. Im Exil und auf Reisen lernte er die halbe Welt kennen. Und lieferte Reportagen, die bis heute lesenswert sind. Vor 70 Jahren, am 31. März 1948, starb Kisch in Prag.
Kisch stammt aus „gutem Hause“; seine Eltern Hermann und Ernestine Kisch sind Tuchhändler aus dem deutsch-jüdischen Bürgertum Prags. Dort wird Egon am 29. April 1885 als zweiter von fünf Söhnen geboren. Schon der Gymnasiast schreibt Gedichte, die 1904 als Buch erscheinen. Kisch studiert an der Prager Deutschen Universität kurz Literatur und Geschichte, volontiert wenige Wochen beim „Prager Tagblatt“, besucht ab Herbst 1905 eine Berliner Journalistenschule und wird 1906 Lokalreporter der Prager Tageszeitung „Bohemia“.
Dort gelingt ihm 1913 ein journalistischer Scoop: Kisch deckt die Affäre um den österreichischen Generalstabschef Oberst Alfred Redl auf, der sich nach seiner Enttarnung als russischer Agent das Leben nahm. Damit erlangt er Berühmtheit als investigativer Journalist. In Berlin schreibt er für das angesehene „Berliner Tageblatt“, ist Dramaturg am „Deutschen Künstlertheater Sozietät“. Doch setzt der Erste Weltkrieg Kischs Aufstieg ein vorläufiges Ende.
Im serbischen Schützengraben führt er bis zu seiner Verwundung im März 1915 ein Kriegstagebuch. Seine Beobachtungen erscheinen unter dem Titel „Schreib das Egon Erwin Kisch
auf, Kisch!“– ein Satz, der unter den Kameraden zum geflügelten Wort wird: „Kisch schreibt auf, wenn der letzte Hosenknopf abreißt, wenn das einzige Stück Seife in den Brunnen fällt, wenn Blut in den Essnapf spritzt“, schildert er im Vorwort. „Manches schreibe ich auf, was ich als Journalist nicht hätte schreiben dürfen, die Zeitung nicht gedruckt hätte. Mein Tagebuch weiß und darf.“
Als Meister der gesell- schaftlichen Reportage erweist er sich mit dem Band „Der rasende Reporter“(1925). Der Beiname ist indes irreführend, denn Kisch feilt akribisch an seinen Texten; doch wirken seine Berichte aus aller Welt wie mit leichter Hand hingeworfen.
Den Nazis ist der Mann ein Dorn im Auge. Nach dem Reichstagsbrand wird er 1933 verhaftet und am 11. März in seine Heimat abgeschoben. Es folgen Stationen im Pariser Exil, als Berichterstatter im Spanischen Bürgerkrieg und in Mexiko, wo er ab 1940 lebt.
Im März 1946 kehrt er in seine Heimat zurück. „Prag ist voll von Freunden, die nicht mehr leben, jedes Haus, jede Straßenecke drängt Tränen in die Augen“, schreibt er im November. Der Rastlose scheint ausgebrannt. Seinen letzten Artikel veröffentlicht er am 7. November 1947. Kisch stirbt am 31. März 1948 an den Folgen eines Schlaganfalls.