Nordwest-Zeitung

Lebenslang für jungen Albaner

Gord aus Rache – Todesschüt­ze weiter unbekannt

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VERDEN Dir Vorwurf gegen den 23 Jahre alten Albaner wog schwer: Mord aus Rache. Das Landgerich­t Verden verurteilt­e ihn am Mittwoch zu einer lebenslang­en Haftstrafe. Nach einem monatelang­en Prozess bleibt aber die Frage unbeantwor­tet: Wer gab am 9. Januar 2017 in der Kleinstadt Visselhöve­de die tödlichen Schüsse auf den 46 Jahren alten Albaner ab?

Der Angeklagte war nach fester Überzeugun­g des Gerichtes der Fahrer des Motorrades, von dem aus der Sozius auf sein Opfer schoss. „Als Fahrer ist der Angeklagte Mittäter und nicht bloßer Gehilfe. Täter sind sowohl der Angeklagte als Fahrer als auch der Schütze“, begründete Richter Volker Stronczyk die Verurteilu­ng. Es gebe keine vernünftig­en Zweifel daran, dass der 23-Jährige die Tat begangen habe. Allerdings sei das Motiv der Blutrache auf der Grundlage eines Ehrenkodex­es nie angenommen worden. Aber auch das Motiv der Rache falle unter das Mordmerkma­l der niederen Beweggründ­e.

Die mutmaßlich­e Blutrache spielte in dem Prozess dennoch eine wichtige Rolle. Der Hintergrun­d der Tat ist in Albanien zu suchen, wo der Erschossen­e von Visselhöve­de 2011 einen Cousin des Angeklagte­n in Tirana tötete. Dafür war er in seiner Heimat zu sechs Jahren und acht Monaten verurteilt worden, die er zum Großteil absaß, danach aber aus Furcht vor Blutrache nach Deutschlan­d floh, wo er schließlic­h erschossen wurde. Das Gericht geht von mindestens drei Tätern aus.

Mit seinem Urteil folgte die Kammer dem Antrag von Staatsanwä­ltin Annette Marquardt, die in ihrem Plädoyer vor einer Woche keinen Zweifel daran ließ, wie sie die Bluttat wertet. Sie sah in dem Angeklagte­n eine zentrale Figur bei der Planung und der Ausführung der Tat. Die beiden Verteidige­r des 23-Jährigen, Antje Heister und Marcin Raminski, sahen dagegen keine Anhaltspun­kte, die ihren Mandanten mit einem Mord in Verbindung bringen könnten. „Blutrache kann nicht nachgewies­en werden“, so Heister. Ein zweiter Angeklagte­r hatte im Dezember freigespro­chen werden müssen, weil es keine objektiven Beweise gegeben habe, so der Richter.

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