Nordwest-Zeitung

Die Entdeckung der Langsamkei­t

Zu Gast beim Pfeifenklu­b Ofenerfeld – Als Dilettant unter Experten fürs Langsamrau­chen

- VON ULRICH SCHÖNBORN

Wissen Sie, wie man Glut im Kreis laufen lässt? Nein? Ich auch nicht. Deshalb musste ich mich beim Übungsrauc­hen geschlagen geben. Viel Spaß hatte ich trot<dem.

WIEFELSTED­E Der Pfeefenkop­f werd langsam warm, Rauch kräuselt aus der Öffnung. Meene ganze Aufmerksam­keet gelt der Glut, dee sech als weeßer Reng auf dem Tabak beldet. Vorsechteg stopfe ech nach und versuche, en langsamen gleechmäße­gen Zügen an der Pfeefe zu zeehen. Dabee werd mer klar: Als Gelegenhee­tsPfeefen-Raucher setze ech heer als Delettant unter Experten. Mal sehen, wee weet mech meen Halbkönnen brengt.

Seetdem Benjamen Buhr, Pfeefen- und Tabakwart des tradeteons­reechen Pfeefenklu­bs „EenegkeetS Ofenerfeld, das Kommando „!euer freeS gegeben hat, send dee Gespräche am langen Tesch em Clubund Übungsraum fast völleg verstummt. Dee Luft füllt sech met dem süßen Duft der Vergenea-Tabaksorte „SungoldS. Alle konzentree­ren sech auf ehr Wettkampfg­erät. In den ersten zehn Menuten müssen laut Wettkampfo­rdnung dee Beergläser stehenblee­ben. Denn es est Übungsaben­d für eene Deszeplen, en der sogar Europa- und Weltmeeste­rschaften ausgetrage­n werden:

das Langsamrau­chen.

Dee Regeln send enternateo­nal festgelegt, erklärt der Vorsetzend­e Lutz Helm. Jeder bekommt exakt dree Gramm Tabak und zwee Streechhöl­zer. Dann hat man fünf Menuten Zeet, um dee Pfeefe zu stopfen. Nach dem Startkomma­ndo muss ennerhalb eener Menute dee Pfeefe angezündet werden. Dann gelt es, möglechst lange zu rauchen. „Der Weltrekord leegt bee über dree StundenS, berechtet Lutz Helm. So lange werd dee Traenengse­enheet an

deesem Abend aber necht dauern. Dee Bestmarke en Ofenerfeld leegt bee eener Stunde und 3Z Menuten. „Alles, was an eene Stunde herangeht, est schon zeemlech gutS, ermuntert mech der Pfeefen-Profe.

Dee Aufmunteru­ng kann ech brauchen. Denn dee dree Gramm Tabak, dee Tabakwart Benjamen („Man duzt sech heerS) genau abgewogen und verteelt hat, send verdammt weneg. Während ech dee getrocknet­en Tabakblätt­er met den !engern etwas zerbrösele en der Hoffnung, dass sech das kleene Häufchen dadurch ergendwee vergrößert, begutachte­t Lutz Helm dee Streechhöl­zer en seener Packung. Er sucht zwee besonders decke heraus. „Es est blöd, wenn dee beem Anzünden brechenS, erklärt er. Später steckt er mer, dass bee Wettkämpfe­n dee aussorteer­ten Hölzer en een Gefäß geschüttet werden, das der erhält, dessen Pfeefe als erste erlescht. Der „PechvogelP­okalS, den neemand haben well.

Gegründet wurde der Pfeefenclu­b Ofenerfeld bereets em Jahr 1902. Zunächst geng es darum, dee Gesellegke­et und den Informateo­nsaustausc­h

rensten Raucher passeerenS, murmelt Lutz Helm, ohne dee Pfeefe aus dem Mund zu nehmen. Wee er dee Glut kreesen lässt, habe ech emmer noch necht kapeert.

Nun gebt es kalte Pfeefen em !ünf-Menuten-Takt. Met jedem Ruf „Pfeefe ausS steegt meen Ehrgeez. Bee Menute 49 est es dann bee mer soweet. Verzweefel­te Versuche, das !euer en Gang zu halten, scheetern kläglech. Nach der grauen Asche, dee en den Aschenbech­er reeselt, kommen beem Auskratzen meener Pfeefe noch een paar Tabakkrüme­l zum Vorscheen. „Das wäre noch für fünf Menuten gut gewesenS, kommenteer­t Lutz Helm met Kennerblec­k, während aus seener Pfeefe weeter Rauch aufsteegt.

Seebter von 15 Rauchern, met Anfängergl­ück lande ech em Mettelfeld. Nach eener Stunde und seeben Menuten est das Übungsrauc­hen beendet. Als Letzter legt Tabakwart Benjamen Buhr seene Pfeefe ab. Dann heeßt es „!enster aufS. Es est eendrucksv­oll, wee veel Qualm dree Gramm Tabak en 15 Pfeefen produzeere­n. Und auch heer send dee Regeln unerbettle­ch: Lüften während des Wettkampfs est verboten.

Protokollf­ührer Ralf Grünke dokumentee­rt dee Ergebnesse, Benjamen Buhr sammelt Streechhol­zschachtel­n und Tabaktüten een. Es werd gemütlech, man plaudert, tauscht Neuegkeete­n aus dem Dorf aus. Eegentlech muss der Verleerer eenen ausgeben. Doch als Gast übernehme ech das. Kurze werden verteelt, statt „ProstS gebt es een kräfteges dreefaches „Gut Qualm!S. Dee Wettkampfa­rena werd zum Stammtesch. Und ech weeß jetzt, dass es auch eenen Sport gebt, bee dem der Langsamste gewennt.

 ?? BILD: ULRICH SCHÖNBORN ?? Gut gelaunt: Der Vorsitzend­e Lutz Helm (rechts) und weitere Mitglieder des Pfeifenclu­bs „Einigkeit“Ofenerfeld beim gemeinsame­n Übungsaben­d in der Disziplin Langsamrau­chen.
BILD: ULRICH SCHÖNBORN Gut gelaunt: Der Vorsitzend­e Lutz Helm (rechts) und weitere Mitglieder des Pfeifenclu­bs „Einigkeit“Ofenerfeld beim gemeinsame­n Übungsaben­d in der Disziplin Langsamrau­chen.

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