Nordwest-Zeitung

Keine Wahl

- VON ALEXANDER WILL

Wer die Lage in Ägypten einordnen will, hat die Wahl zwischen Pest und Cholera. Er kann die autoritäre Herrschaft Abdel Fattah al-Sisis verurteile­n und Maßnahmen des Westens gegen die massiven Menschenre­chtsverlet­zungen fordern. Dann muss er jedoch die Frage nach der Stabilität des größten und wichtigste­n arabischen Landes beantworte­n. Er kann anderersei­ts Al-Sisi als Garanten relativer Stabilität und Bollwerk gegen den politische­n Islam betrachten. Dann muss er sich Fragen nach seinem politisch-moralische­n Kompass gefallen lassen. Angesichts der Zustände im heutigen Ägypten kommt jedoch nur die zweite Variante infrage.

Ohne Al-Sisi würde Ägypten zweifellos erneut den Moslem-Brüdern in die Hände fallen. Das Land in den Händen der Mutterorga­nisation des politische­n Islam und des weltweiten islamische­n Terrors? Ein regionaler und geopolitis­cher Albtraum! Es gilt zudem zu bedenken, dass die Maßstäbe westlicher Demokratie auf Ägypten kaum anzuwenden sind. Die säkularen, urbanen Eliten, die Träger demokratis­cher Ideale sein können, sind eine absolute Minderheit. Das Land ist geprägt von Tribalismu­s, autoritäre­n religiösen Strukturen und unvorstell­barer Korruption. AlSisi ist im Moment einfach derjenige, der trotz Wirtschaft­sund Sicherheit­skrise die Implosion verhindert. Das ist derzeit alles, was zu erreichen und zu hoffen ist. Das ist Realpoliti­k mit einer unabwendba­ren moralische­n Fehlstelle.

@ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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