Keine Wahl
Wer die Lage in Ägypten einordnen will, hat die Wahl zwischen Pest und Cholera. Er kann die autoritäre Herrschaft Abdel Fattah al-Sisis verurteilen und Maßnahmen des Westens gegen die massiven Menschenrechtsverletzungen fordern. Dann muss er jedoch die Frage nach der Stabilität des größten und wichtigsten arabischen Landes beantworten. Er kann andererseits Al-Sisi als Garanten relativer Stabilität und Bollwerk gegen den politischen Islam betrachten. Dann muss er sich Fragen nach seinem politisch-moralischen Kompass gefallen lassen. Angesichts der Zustände im heutigen Ägypten kommt jedoch nur die zweite Variante infrage.
Ohne Al-Sisi würde Ägypten zweifellos erneut den Moslem-Brüdern in die Hände fallen. Das Land in den Händen der Mutterorganisation des politischen Islam und des weltweiten islamischen Terrors? Ein regionaler und geopolitischer Albtraum! Es gilt zudem zu bedenken, dass die Maßstäbe westlicher Demokratie auf Ägypten kaum anzuwenden sind. Die säkularen, urbanen Eliten, die Träger demokratischer Ideale sein können, sind eine absolute Minderheit. Das Land ist geprägt von Tribalismus, autoritären religiösen Strukturen und unvorstellbarer Korruption. AlSisi ist im Moment einfach derjenige, der trotz Wirtschaftsund Sicherheitskrise die Implosion verhindert. Das ist derzeit alles, was zu erreichen und zu hoffen ist. Das ist Realpolitik mit einer unabwendbaren moralischen Fehlstelle.
@ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de
WAS BEIM EINKAUFEN NERVT