Ur ein weiterer Gefährder abgeschoben
3urchgriff gestaltet sich schwierig – Ausweisung auch ohne begangene Straftat
Ein hartes Durchgreifen gegen Gefährder kündigte Niedersachsen vor einem Jahr an. Seitdem hat sich allerdings nur wenig getan.
HANNOVER/BREMEN Bundesweit erstmals ordnete Niedersachsen vor einem Jahr die Abschiebung zweier Terrorgefährder aus Göttingen nach Algerien und Nigeria an, obwohl beide noch keine Taten begangen hatten. Nach dem ersten Rückgriff auf das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 im Aufenthaltsgesetz geschaffene Zwangsmittel drohte Innenminister Boris Pistorius (SPD) weiteren Gefährdern „jederzeit mit der vollen Härte der uns zur Verfügung stehenden Mittel“. Seitdem ist aber nur ein weiterer Gefährder aus Niedersachsen abgeschoben worden. Wohin, wurde nicht präzisiert.
„Dies ist eine Botschaft an alle Gefährder: Wir werden nicht zuschauen, wir greifen durch“, sagte Pistorius vor einem Jahr. Zwar betont das Ministerium auch aktuell, es prüfe regelmäßig auf Grundlage von Daten der Sicherheitsbehörden die Abschiebung von Gefährdern. Aus unterschiedlichen Gründen bleibt dies aber meist erfolglos, obwohl das Bundesverwaltungsgericht für die Zwangsmaßnahme nach Prüfung der ersten beiden niedersächsischen Fälle grundsätzlich grünes Licht gab.
Nicht alle Gefährder in Niedersachsen hätten ausschließlich eine ausländische Staatsbürgerschaft, erklärte das Ministerium. Wer zusätzlich oder ausschließlich einen deutschen Pass habe, könne nicht abgeschoben werden. Von den derzeit 35 Gefährdern, die ihren regelmäßigen Aufenthalt in Niedersachsen haben, besitzen zehn zusätzlich auch die deutsche Nationalität. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Abschiebung erfüllt sind, könnten rechtliche oder tatsächliche Gründe entgegenstehen. Dies sei der Fall, wenn erforderliche ausländische Passpapiere noch nicht beschafft werden konnten. Bremen schob nach einem wie in Niedersachsen langen juristischen Tauziehen zwei Gefährder nach Russland und Algerien ab.
Die gesetzliche Möglichkeit, Ausländer auch ohne Nachweis einer konkreten Straftat wegen einer drohenden Gefahr abschieben zu können, ist nach dem Gesetz möglich „aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, oder einer terroristischen Gefahr (...)“.
Die beiden in Göttingen festgesetzten Männer aus der radikal-islamistischen Szene hatten nach Überzeugung der Justiz zwar Anschlagspläne diskutiert. Weil sie aber keine konkrete Straftat beschlossen hatten, sah die Generalstaatsanwaltschaft Celle keine Handhabe, sie strafrechtlich zu verfolgen. Der aus Bremen abgeschobene Russe hatte offenbar Anschläge auf Polizeistationen und Justizgebäude geplant. In dem ebenfalls aus der Hansestadt abgeschobenen Algerier sahen die Behörden einen Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat.