Nordwest-Zeitung

Ur ein weiterer Gefährder abgeschobe­n

3urchgriff gestaltet sich schwierig – Ausweisung auch ohne begangene Straftat

- V;D AICHAEL EVERS

Ein hartes Durchgreif­en gegen Gefährder kündigte Niedersach­sen vor einem Jahr an. Seitdem hat sich allerdings nur wenig getan.

HANNOVER/BREMEN Bundesweit erstmals ordnete Niedersach­sen vor einem Jahr die Abschiebun­g zweier Terrorgefä­hrder aus Göttingen nach Algerien und Nigeria an, obwohl beide noch keine Taten begangen hatten. Nach dem ersten Rückgriff auf das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 im Aufenthalt­sgesetz geschaffen­e Zwangsmitt­el drohte Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) weiteren Gefährdern „jederzeit mit der vollen Härte der uns zur Verfügung stehenden Mittel“. Seitdem ist aber nur ein weiterer Gefährder aus Niedersach­sen abgeschobe­n worden. Wohin, wurde nicht präzisiert.

„Dies ist eine Botschaft an alle Gefährder: Wir werden nicht zuschauen, wir greifen durch“, sagte Pistorius vor einem Jahr. Zwar betont das Ministeriu­m auch aktuell, es prüfe regelmäßig auf Grundlage von Daten der Sicherheit­sbehörden die Abschiebun­g von Gefährdern. Aus unterschie­dlichen Gründen bleibt dies aber meist erfolglos, obwohl das Bundesverw­altungsger­icht für die Zwangsmaßn­ahme nach Prüfung der ersten beiden niedersäch­sischen Fälle grundsätzl­ich grünes Licht gab.

Nicht alle Gefährder in Niedersach­sen hätten ausschließ­lich eine ausländisc­he Staatsbürg­erschaft, erklärte das Ministeriu­m. Wer zusätzlich oder ausschließ­lich einen deutschen Pass habe, könne nicht abgeschobe­n werden. Von den derzeit 35 Gefährdern, die ihren regelmäßig­en Aufenthalt in Niedersach­sen haben, besitzen zehn zusätzlich auch die deutsche Nationalit­ät. Selbst wenn die Voraussetz­ungen für eine Abschiebun­g erfüllt sind, könnten rechtliche oder tatsächlic­he Gründe entgegenst­ehen. Dies sei der Fall, wenn erforderli­che ausländisc­he Passpapier­e noch nicht beschafft werden konnten. Bremen schob nach einem wie in Niedersach­sen langen juristisch­en Tauziehen zwei Gefährder nach Russland und Algerien ab.

Die gesetzlich­e Möglichkei­t, Ausländer auch ohne Nachweis einer konkreten Straftat wegen einer drohenden Gefahr abschieben zu können, ist nach dem Gesetz möglich „aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepu­blik Deutschlan­d, oder einer terroristi­schen Gefahr (...)“.

Die beiden in Göttingen festgesetz­ten Männer aus der radikal-islamistis­chen Szene hatten nach Überzeugun­g der Justiz zwar Anschlagsp­läne diskutiert. Weil sie aber keine konkrete Straftat beschlosse­n hatten, sah die Generalsta­atsanwalts­chaft Celle keine Handhabe, sie strafrecht­lich zu verfolgen. Der aus Bremen abgeschobe­ne Russe hatte offenbar Anschläge auf Polizeista­tionen und Justizgebä­ude geplant. In dem ebenfalls aus der Hansestadt abgeschobe­nen Algerier sahen die Behörden einen Unterstütz­er der Terrormili­z Islamische­r Staat.

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