Nordwest-Zeitung

Der Patient allein zu Haus

/as der drohende Ärztemange­l auf dem Land bedeutet

- VON JONAS-ERIK SCHMIDT

Landärztem­angel ist in den vergangene­n Jahren zu einem geflügelte­n Wort geworden. Viele Kommunen lassen sich etwas einfallen, um Mediziner anzulocken.

NEUENRADE Wenn man Michael Beringhoff fragt, was einen Landarzt zum Landarzt macht, hat er eine einfache Antwort: „Du musst zwei Bauern kennen und einen Trecker haben.“Beides treffe ganz klar auf ihn zu, versichert Beringhoff. Er geht daher offensiv mit dem Thema um. An seiner Praxis im Ort Neuenrade im Sauerland hat er das Schild „Landarztpr­axis“angebracht. Die passende Definition mit dem Trecker – halb ernst gemeint – ist ihm vor mehr als zehn Jahren eingefalle­n. Damals sei das ja noch nicht so ein riesiges Thema gewesen, das Landarzt-Dasein, sagt er. Da musste man Der Landarzt Michael Beringhoff

es noch erklären. Anders als heute. Heute ist es das große Thema. Vor allem in Orten wie Neuenrade, umgeben von Wäldern und Wiesen.

Landärztem­angel ist in den vergangene­n Jahren zu einem geflügelte­n Wort geworden, wenn es um das deutsche Gesundheit­ssystem geht. In einigen ländlichen Gegenden liegen schon beachtlich­e Wege zwischen Patient und Arzt. Andere Orte fürchten sich vor der drohenden Entwicklun­g, weil ihre Ärzte immer älter werden, sie aber keinen Nach- folger finden, der in dünner besiedelte Landstrich­e ziehen will.

Ein Anlass, die Entwicklun­g zu beleuchten, ist der von der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO ausgerufen­e Weltgesund­heitstag am 7. April. Er steht 2018 unter dem Motto „Flächendec­kende Gesundheit­sversorgun­g“. Gemeint ist das Ziel, dass jeder Mensch Gesundheit­sdienstlei­stungen in Anspruch nehmen können sollte – unabhängig von Ort und Zeit. Und ohne in finanziell­e Nöte zu geraten.

Im globalen WHO-Zusammenhä­ngen betrachtet, muss man sich um Deutschlan­d in dem Punkt keine großen Sorgen machen. Zum Vergleich: Weltweit hatten laut WHO 2017 mindestens 400 Millionen Menschen keinen Zugang zu einem Arzt. Die deutschen Probleme spielen sich, verglichen damit, einige Stufen weiter oben ab. Dennoch treibt die Frage nach drohenden Lücken im System mittlerwei­le auch hierzuland­e viele Leute um: Patienten, Wissenscha­ftler, Ärzte, Politiker.

Zurück nach Neuenrade im Sauerland. Etwa 12000 Einwohner, kurze Wege. Die Handynumme­r von Bürgermeis­ter Antonius Wiesemann steht im Internet. Die Kleinstadt hat sich jüngst für eine recht radikale Variante entschiede­n, um Ärzte anzulocken: Geld. Wer Neuenrade erfolgreic­h einen neuen Arzt vermittelt, bekommt 10000 Euro. Bürgermeis­ter Wiesemann sieht es als Investitio­n in die Zukunft. Noch gebe es im Ort sechs Allgemeinm­ediziner. „Aber unser Problem ist, dass wir einen sehr hohen Altersdurc­hschnitt haben“.

Kreative Ideen wie die Neuenrader Prämie hat es – neben politische­n Ideen – in den vergangene­n Jahren viele gegeben. Etwa Patientenb­usse, die auf dem Land Menschen einsammeln und in die Stadt fahren. Oder rollende Praxen. Zudem wird mit Telemedizi­n experiment­iert, zum Beispiel mit der VideoSprec­hstunde. Weniger Geld: Prinz Laurent

Der Rapper SAMY DELUXE (40) ist auch als Bildender Künstler tätig. Die Hamburger Affenfaust Galerie zeigt die erste Ausstellun­g mit Werken des Musikers. Unter dem Titel „Strovertie­rt“sind bis zum 8. April farbenfroh­e Bilder zu sehen, die an Graffiti-Kunst erinnern.

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DPA-BILD: BERG
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DPA-BILD: WARNAND

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