Nordwest-Zeitung

Neue Rolle für alte Vorführger­äte

Globe-Initiative rettet historisch­e Ernemann-Projektore­n – Geräte haben in Universitä­t ausgedient

- VON THOMAS HUSMANN

Die Geräte sollen später einmal im Globe-Kino aufgestell­t werden. Die Digitalisi­erung erset3t analoge Technik.

OLDENBURG – Mit leuchtende­n Augen steht Michael Olsen im Vorführrau­m des Bibliothek­ssaals der Carl-von-OssietzkyU­niversität Oldenburg. Zwei Projektore­n sind es, die sein Herz höher schlagen lassen – eine silberne Ernemann VIII b und eine Ernemann IX. Seit den 1950er Jahren stellte die Zeiss-Ikon AG Filmprojek­toren mit dem Markenname­n Ernemann her, und nun steht Olsen zwischen zwei dieser Vorführger­äten. Ein Traum für den Künstler, der maßgeblich die Reaktivier­ung des Globe-Theaters beziehungs­weise -Kinos in der ehemaligen Donnerschw­ee-Kaserne betreibt. Zusammen mit Carsten Woike, Stephan Bents und Aljoscha Raschke baut er die Geräte in der Universitä­t ab. Sie werden dort nicht mehr benötigt, die fortschrei­tende Digitalisi­erung hat ihren Einsatz überflüssi­g gemacht.

Eine glückliche Fügung für das Globe, das laut Olsen durchaus einen musealen Charakter erhalten soll. Den Kontakt zwischen Uni und Globe hat Hans-Joachim Wätjen, bis vor kurzem Leitender Bibliothek­sdirektor der Universitä­t, hergestell­t.

Die vier Monteure im Bildwerfer­raum (wie es fachlich korrekt heißt) sind mit Feuereifer bei der Sache. Die Ernemann VIII b kann 35-Millimeter­und 16-Millimeter-Filme abspielen, erklärt Stephan Bents die Besonderhe­it dieses Geräts. Bents hat im Gegenlicht-Kino der Uni gearbeitet und seine Diplomarbe­it über die Kinolandsc­haft in Oldenburg und Ostfriesla­nd zwischen den Jahren 19‰5 und 200‰ geschriebe­n. 275 Kilogramm wiegt das Vorführger­ät, das nun aber in Teile zerlegt und zur Zwischenla­gerung nach Ofen gebracht Freuen sich über die beiden Vorführger­äte Ernemann VIII b und IX (von links): Michael Olsen, Carsten Woike, Stephan Bents und Aljoscha Raschke im Bibliothek­ssaal der Universitä­t Oldenburg.

wird. Das Lager hat die Stadtverwa­ltung spontan zur Verfügung gestellt. Auch dort scheint man zu wissen, welchen Schatz das Quartett gerade hebt und der Nachwelt erhält. Dabei gilt es, Vorsicht walten zu lassen. Der Xenonkolbe­n, der für das Licht sorgt, ist hochexplos­iv, weiß Olsen. Den Kinogong, der mit einer Kurbel betätigt wird, konnte er gefahrlos ausbauen. Im Globe sollen beide Geräte später auf Schienen montiert werden, damit sie zur Seite geschoben werden können, wenn der Raum als Vortragsod­er Seminarsaa­l genutzt werden soll.

Aljoscha Raschke ist erst 17 Jahre alt, stammt aus Zetel und ist seit seinem siebten Lebensjahr Feuer und Flamme für Projektore­n. Seine Großmutter schenkte ihm damals

einen alten Super-8-Projektor, auf dem er Kinderfilm­e abspielte. Vor rund drei Jahren war er beim Open-Air-Kino des Vereins Zeteler Lichtspiel­e (Zeli) dabei und fragte, ob er in dem Kino nicht das Filmvorfüh­ren lernen könnte. Das Filmvorfüh­ren ist eine schweißtre­ibende Arbeit, erzählt er. Die alten Geräte verbreiten Lärm und die 1600Watt-Lampen im Projektor erzeugen so viel Hitze, dass man spätestens bei der zweiten Vorführung am Stück bequem im T-Shirt arbeiten kann, so Raschke. Früher machten sich die Vorführer in den Geräten, die die Wärme über eine Art Schornstei­n abführen, ihr in Töpfen mitgebrach­tes Essen warm.

Carsten Woike dürfte vielen Oldenburge­rn noch als Vorführer im ehemaligen Muwi-Kino

an der Cloppenbur­ger Straße bekannt sein. Auch ihn fasziniert die mittlerwei­le antiquiert­e, aber immer noch voll funktionsf­ähige Technik. Nach dem Abitur ging er ans Oldenburgi­sche Staatsthea­ter, um dort als Regieassis­tent und Regisseur zu arbeiten. Dort hat er u.a. „Unter Eis“von Falk Richter inszeniert, für den er fortan Theater-Trailer und -Aufzeichnu­ngen herstellte, u.a. am Wiener Burgtheate­r, an der Schaubühne Berlin, der Frankfurte­r Oper, dem Düsseldorf­er Schauspiel­haus und Maxim-Gorki-Theater Berlin. Auch für das Nationalth­eater Weimar stellte er TheaterTra­iler für den Internet-Auftritt des Theaters her – ein echter Filmprofi also. Im Jahr 2010 drehte Woike den KurzStummf­ilm „Car Park“, der

bei der Aktion „YouTubePla­y“des Guggenheim-Museums New York aus 23000 Einreichun­gen aus 97 Ländern auf die Shortlist gewählt wurde. 2013 drehte er als Regisseur, Autor und Cutter den Kurzfilm „Liebe und Schmerz“, der auch im Rahmen der Cannes-Short-FilmCorner 201‰ vertreten war.

Über den Fund in der Universitä­t am Uhlhornswe­g freut er sich mächtig. Die Vorführger­äte sind dank der jahrelange­n guten Pflege in einem hervorrage­nden Zustand, so Woike.

Zur Ausstattun­g gehören Filmrollen und -spulen, zwei Kisten mit Objektiven, Öle und Gleitmitte­l, zwei Stromumwan­dler, die Wechsel- in Gleichstro­m wandeln, sowie Filmkästen. Auch das wird dann im Globe zu sehen sein. Viel Technik: Hier wird Wechselin Gleichstro­m umgewandel­t. Michael Olsen dreht den Gong.

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BILD: THOMAS HUSMANN
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BILD: THOMAS HUSMANN
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BILD: HUSMANN

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