Sas wertvollste Ei liegt im Tresor
S|NNORDW SN Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg
Etwa 8000 Eier einheimischer und exotischer Vögel umfasst die Sammlung. Das wertvollste Exponat ist das Ei eines Riesenalks, der längst ausgestorben ist.
OLDENBURG – In Watte gepackt liegt eine Kostbarkeit auf dem schlichten Bürotisch: das Ei eines Riesenalks. Auf der hellen Eierschale sind wie von Künstlerhand dunkle Tupfen verteilt, das Muster mutet modern an. Und doch ist es das Ei eines Vogels, der nach massiver Bejagung seit 1844 ausgestorben ist. Das Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg hütet es wie einen Augapfel und bewahrt es im Tresor auf.
Allein auf weiter Flur
Und das aus gutem Grund: Weltweit gibt es noch etwa 80 Präparate des „Pinguins der Nordhalbkugel“und noch etwa 70 Eier vom Riesenalk. Kein Wunder also, dass man das Oldenburger Exemplar wie ein rohes Ei behandelt.
„Es ist das Highlight in unserer Eiersammlung“, unterstreicht Dr. Christina Barilaro (38), Leiterin der Abteilung Naturkunde und stellvertretende Direktorin des Landesmuseums. Den Grundstock der Sammlung hat Carl Friedrich Wiepken (1815–1897) gelegt. Der Dorfschullehrer ging der naturwissenschaftlichen Heimatforschung nach und hatte sich der Erfassung der heimischen Tierwelt verschrieben. Damit ist er zu seiner Zeit ziemlich allein auf weiter Flur Größe+vergleich: Strauße+ei (li+ks) u+d ei+ 4oskitokolibri mit sei+em wi+zige+ Ei
und für seine Sammlung von Eiern heimischer Vögel wohl auch müde belächelt worden, als er 1879 Direktor des Landesmuseums wird. „Sammlungen sind ein Fenster in die Zeit und Belege für Landschaftsveränderungen“, sagt Barilaro. Wie zum Beweis deutet sie auf die gesprenkelten Eier eines KampfläuferWeibchens, die Wiepken 1868 in Holle (Landkreis Oldenburg) gefunden hat. Der Vogel brütet vorzugsweise in den Huntewiesen und anderen Flussniederungen. „Sein Bestand ist mittlerweile eingebrochen, 2015 wurden nur noch zwei Brutpaare im Oldenburger Land nachgewiesen“, erzählt die Naturkundlerin. Größere Bestände an Kampfläufern gibt es heute nur noch in MecklenburgVorpommern und Polen. Ein seltener Gast in der Region ist auch der Schwarzstorch geworden. Ein Nest mit kleinen bläulich gesprenkelten Eiern, 1874 in Hude gefunden, liegt in einem der Kästchen, die Wiepken für seine Sammlung anfertigen ließ. Der Schwarzstorch braucht Wälder und Feuchtwiesen, ansäss ig ist er noch in einigen
Gebieten östlich der Weser.
Ein leidenschaftlicher Hobby-Ornithologe und Eiersammler war auch Richard Hinrich Tantzen (1888–1966). Der Oldenburger Jurist und spätere niedersächsische Kultusminister teilte Wiepkens Interesse für die Vogelwelt im Oldenburger Land. Akribisch dokumentierte er Fundort und Funddatum von jedem Ei der ganzen heimischen Vogelschar. „Unsere Vogelsammlung ist auch durch Menschen wie Tantzen gut erfasst“, sagt Barilaro.
Formen und Far en
Zur Sammlung gehören rund 8000 Eier und 15 000 Vogelpräparate. Insgesamt umfasst die Naturkunde-Abteilung 300 000 bis 500 000 Exponate, beim Großteil handelt es sich um Insekten.
Wer glaubt, dass ein Ei dem anderen gleicht, der hat noch nie die kegelförmigen Eier von Trottellummen, einer Alk-Art, gesehen. Die Vögel, unter anderem auf der Insel Helgoland heimisch, legen ihre Eier an Felskanten ab. Die Kegelform verhindere, dass sie herunterkullern, vermutet Barilaro. Aber es gibt auch Wissenschaftler, die eine Verbindung zwischen der Flugfähigkeit der Vögel und der jeweiligen Eierform herstellen. „Man weiß es nicht“, konstatiert sie.
Ungeklärt ist auch immer noch, wie und warum die Farbe auf die Eierschale kommt. Besonders interessant ist das beim Kuckuck, der seine Eier bekanntlich in fremde Nester legt. Die Farbe der Eier ist dabei auf die Eier des jeweiligen Wirtsvogels abgestimmt. Legt das Kuckuck-Weibchen das Ei zum Beispiel ins Nest eines Gartenrotschwanzes haben die Eier eine bläuliche Farbe, im Nest der Dorngrasmücke sind sie dagegen beige.
Ins Auge fällt ein hübsches Nest mit vier bläulichen Eiern. Sie stammen vom Seidenschwanz, der in Skandinavien beheimatet ist. Wenn die Nahrung dort allerdings knapp wird, fliegen Seidenschwänze gen Süden und fallen invasionsartig im Oldenburger Land ein. „Das passiert aber selten“, sagt Barilaro. Die Eier des Seidenschwanzes sind entsprechend begehrt – auch schon zu Wiepkens Zeit. Er tauschte den Abguss seines Riesenalk-Ei gegen das Nest mit den vier Seidenschwanz-Eiern.
Das kleinste Ei in der Sammlung stammt von einem Moskitokolibri. Der Vogel wiegt nur etwa vier Gramm, sein Ei bringt es auf zehn Prozent des Körpergewichts. Im Gegensatz dazu kann ein Straußenei bis zu 1,5 Kilogramm schwer werden, das sind nur ein bis zwei Prozent des Körpergewichts. Die größten Eier im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht legen die Kiwis. Das Ei dieses neuseeländischen Laufvogels macht zwischen 15 und 30 Prozent des Körpergewichts aus. Ein KiwiEi gibt es nicht in der Oldenburger Sammlung. Aber was macht das schon, wenn man ein Riesenalk-Ei im Tresor hat.
Raffi+iertes Farbe+spiel: Kuckuckseier (im rechte+ Karto+) passe+ sich dem Gelege im fremde+ Nest a+, li+ks ei+e zierliche Dor+grasmücke +ebe+ ei+em Kuckuck. Der Star der Sammlu+g: ei+ Riese+alk samt Ei. I+ der Dauerausstellu+g ist ei+ Abguss des Origi+als zu sehe+. – Kegelförmig: Eier vo+ Trottellumme+ (li+ks im Text)