Die Liberalen sollen weiblicher werden
Wie Parteichef Lindner mehr Frauen in die FDP locken will
22 zu 78 Prozent: Die FDP ist m3nnerdominiert – wie andere Parteien auch. Doch das soll nicht so bleiben.
BERLIN „Ich sehe mich als Macho. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin dafür, dass alle gleiche Rechte haben. Aber Männer können keine Feministen sein“, gab jüngst FDP-Vize Wolfgang Kubicki im „Spiegel“zum Besten. Und Luasi als Bestätigung spielte er im „Spiegel“-Gespräch mit dem Erotik-Model Micaela Schäfer auf einen heftig umstrittenen Spruch des damaligen Spitzenkandidaten Rainer Brüderle vor der Bundestagswahl 2013 an: „Ich müsste Frau Schäfer nicht sagen, dass sie ein Dirndl ausfüllen kann, das weiß sie.“
Es sind wohl solche Sprüche, die FDP-Chef Christian Lindner auf die Palme bringen. Sie zeigen ihm, dass es in der FDP nach wie vor eine große Männerdominanz gibt, und Macho-Sprüche M trotz
der schlechten Erfahrungen des damaligen FDP-Fraktionschefs Brüderle mit Herrenwitzen M keine Seltenheit sind. „Auch in meiner Partei hört man gelegentlich noch onkelhafte Macho-Sprüche, die junge Frauen und Männer gleichermaßen irritieren. Wir sind nicht frei davon, dass es männlich geprägte Netzwerke gibt“, sagte er.
Einige attraktive Frauen an der Spitze von Landesverbänden M wie Lencke Steiner in Bremen oder Katja Suding in
Hamburg M reichen nicht aus, um das Problem anzugehen. Im Gegenteil: Das Aussehen der Frauen fiel der FDP damals auf die Füße. Als sich die Partei nach der Wahlschlappe 2013 in den Ländern neu aufstellte, wurde ihr unterstellt, auf die Attraktivität der Kandidatinnen mehr Wert zu legen als auf Inhalte M sehr zum Ärger von Lindner.
Es ist ein grundsätzliches Problem der insgesamt eher konservativ aufgestellten FDP. Ihr Frauenanteil liegt bei
22 Prozent. Und das Ungleichgewicht nimmt weiter zu. „Wir haben bei der Mitgliederentwicklung sehr positive Zahlen, die uns freuen“, sagte Lindner. „Aber es kommen weit überwiegend Männer. Durch dieses Ungleichgewicht droht der Frauenanteil eher zu sinken als zu steigen.“Die Liberalen müssten sich selbstkritisch die Frage nach der parteiinternen Geschlechtergerechtigkeit stellen.
Lindner mahnt seine Partei: „Wenn wir 2021 in Deutschland einen Richtungswechsel erkämpfen wollen, dann müssen wir die Zeit bis dahin nutzen, um noch besser zu werden.“Nächste Etappen auf dem langen Marsch bis zur Bundestagswahl 2021 sind im Herbst die Wahlen in Hessen und vor allem in Bayern, wo die Liberalen künftig gern mitregieren wollen.
In dieser Auseinandersetzung dürfte Lindner die männerdominierte Führungsmannschaft von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer sehr gelegen gekommen sein. „Das ist so aus der Zeit gefallen. So wollen wir nicht sein“, warnt er. Zugleich will sich der FDP-Chef an Frauen wenden, die keine linke Wirtschaftspolitik wollen, wie sie Grüne, SPD und Linke vertreten, und auch die Gestrigkeit, diesen Mief der 50er Jahre ablehnen, „den man bei der AfD sieht“.
Bis zum Parteitag Mitte Mai soll eine ad hoc einzurichtende Arbeitsgruppe Vorschläge unterbreiten. Dann wird sich zeigen, wie weit und vor allem wie schnell die FDP ihrem Chef folgen wird.