Mit Deutsch über alle Hürden
Gyrer Dilear Ayou absolviert erfolgreich Ausbildung bei Erhard Lamberti
Der Jeside kam vor sechs Jahren hierher. Er hat seine bisherigen Ziele verfolgt und erreicht.
OLDENBURG – Dilear Ayou stammt aus einem Dorf bei alHasaka im Nordosten Syriens. Um die Stadt tobt ein Kampf zwischen syrischer Regierung, kurdischen Gruppen und IS. Der 26-Jährige, der sieben Geschwister hat, verließ das Land 2011 im Bürgerkrieg. „Über die Türkei und Griechenland und das Aufnahmelager Friedland bin ich schließlich in Ofen, in der Gemeinschaftsunterkunft an der Gaußstraße gelandet, mit zehn anderen zusammen, als einer der Ersten“, sagt Ayou.
Heute hat Dilear Ayou eine Wohnung in Ohmstede, ein Auto, ein Motorrad und vor allem einen festen Arbeitsplatz. Wie er das geschafft hat? „Ich habe von Anfang an die Sprache gelernt“, sagt Ayou, „an der VHS Stufe für Stufe, von A1- bis C1-Niveau. Die Sprache war lebenswichtig, das A & O, das hat mich von 0 auf 100 gebracht.“Schon früh hatte er sich in der neuen Heimat gesagt: „Ich bin ein junger Mann, der etwas mit seinem Leben anfangen will – mein Brot verdienen.“
Nach drei Jahren in Oldenburg erhielt Ayou, der sich durch staatliche Hilfe und einen Job in einer Pizzeria über Wasser hielt, über die Arbeitsagentur
die Möglichkeit, ein zweiwöchiges Praktikum im Sanitärtechnik-Betrieb Korfhage zu absolvieren. Der Praktikant machte einen sehr guten Eindruck. Weil Stefan Korfhage aber gerade keinen neuen Azubi benötigte, vermittelte er Ayou für ein weiteres, diesmal einwöchiges Praktikum an das befreundete Sanitär- und Heizungs-Unternehmen von Lamberti. Erhard Lamberti führt seit 1994 den von seinen Eltern 1964 gegründeten Betrieb an der Holler Landstraße und ist auch Innungs-Obermeister. Dilear Ayou empfahl sich auch hier, und Lamberti bot ihm sofort einen Ausbildungsplatz als Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik
an. Ayou sagt: „Schulisch habe ich im ersten Jahr noch Hilfe bekommen, aber dann ging das. Und im Betrieb standen die Kollegen und der Chef und die Chefin ohnehin immer hinter mir.“
Die dreieinhalbjährige Ausbildung (2014 bis 2018) hat er gleich geschafft. Und er ist übernommen worden. Chefin Hilke Lamberti sagt: „Da wir mit Dilear Ayou sehr zufrieden sind und er sehr gut in unser Team passt, hat er selbstverständlich einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten und ist jetzt als Anlagenmechaniker für uns tätig.“Schon zum Auftakt seiner Ausbildung hatte Erhard Lamberti, der 13 Mitarbeiter beschäftigt, gesagt: „Ich sehe
immer zuerst den Menschen, ob er zu uns passt.“Es zählten soziale Kompetenzen wie Aufmerksamkeit und Verlässlichkeit, mehr als Spitzenschulnoten. Bewerber wie Dilear Ayou können ihren Weg also gut im Handwerk machen. „Den einen oder anderen würden wir gern für uns gewinnen“, sagte auch der Oldenburger Handwerkskammerpräsident Manfred Kurmann kürzlich. Inzwischen gibt es dafür das zusätzliche „Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber“(Ihafa).
Dilear Ayou, dessen gesamte Familie nach und nach ebenfalls nach Deutschland gekommen und über das ganze Land verstreut ist, blickt sehr zufrieden auf seine bisherige Zeit in Oldenburg. Er sagt: „Einfach war das nicht. Aber jetzt bin ich Geselle. Und das gesamte Paket der Anlagen-Arbeit macht mir Spaß, jeden Tag gibt es etwas anderes, keine Routine, und immer wieder neue Kunden und neue Gesichter.“Natürlich hat er auch schon an vier Kohlfahrten teilgenommen. Er sagt: „Ich integriere mich in diese Gesellschaft, ich passe mich da einfach an. Das ist machbar.“Das einzige, was er wirklich vermisst, „ist die Sonne“. Und als Neu-Flachländer die nordsyrischen Berge – nächstes Ziel könnte für Ayou deshalb das Tecklenburger Land sein: „Ich habe ja jetzt ein Motorrad. Als erstes fahre ich damit in die Berge.“