Nordwest-Zeitung

Istengrün statt Großstadtg­rau!

Warum es lohnt, Gemüse und Kräuter auf Balkon & Terrasse anzubauen

- VON MELANIE ÖHLENBACH

)in eigener Garten muss nicht riesig sein. Noch nicht mal sechs Quadratmet­er misst zum Beispiel der Balkon, auf dem ich Kräuter, Obst und Gemüse anbaue. Ich bin aber nicht die Einzige, die sich über die kleine Oase in der Stadt freut.

Salat, Kartoffeln, Minze, Schnittlau­ch und sogar Hopfen: Seit fünf Jahren baue ich Gemüse und Kräuter auf meinem Balkon an. Und noch immer ernte ich schräge Blicke, wenn ich erzähle, dass in meinen Balkonkäst­en keine Geranien, sondern Rucola und Gemüsezwie­beln blühen.

„Du baust WAS auf deinem Balkon an?“, fragen mich dann viele – entsetzt, erstaunt oder amüsiert.

Keine Frage: Gemüse und Kräuter kann man auch kaufen. Im Bio-Laden und auf dem Wochenmark­t, im Supermarkt und sogar online, wenn es sein muss. Das ist nicht nur bequemer, sondern sicherlich auch viel billiger, als jedes Frühjahr säckeweise Erde in den ersten Stock zu schleppen, Setzlinge aus winzigen Samenkörne­rn zu ziehen und sie wochenlang auf der Fensterban­k zu umsorgen.

Ganz abgesehen von den emotionale­n Dramen: Da können ein heißes Wochenende ohne Bewässerun­g, hungrige Meiwärmer sen und zu viele Blattläuse die ganze Mühe zunichte machen. In ganz engagierte­n Jahren hängt auch mal der Haussegen leicht schief, weil ich jeden Quadratmet­er mit Kisten, Töpfen und Kübeln zugestellt habe und wir draußen nicht mal mehr Kaffee trinken können, ohne dass uns das Grün im wahrsten Sinne des Wortes im Nacken sitzt.

Und trotzdem freue ich mich jedes Jahr aufs Neue, wenn die Tage länger und werden. Spätestens ab März packt mich das große Kribbeln und ich kann es kaum erwarwiede­r ten, in den Kisten zu buddeln und das erste Grün sprießen zu sehen. Denn egal ob man eine Kiste oder ein Beet bepflanzt: Wer gärtnert, lernt die Natur ein Stück weit zu verstehen. Und das ist in der heutigen Zeit nicht mehr selbstvers­tändlich. Selbst ich, die ich auf dem Lande mit Erdbeeren pflücken, Bohneneinm­achen und Apfelmoste­n groß geworden bin, hatte zwischenze­itlich vergessen, wie lange es dauert, bis aus einem winzigen Samenkorn eine Tomatenpfl­anze wächst. Und wie lange es dauert, bis aus deren bestäubten Blüten einmal Früchte heranreife­n. Und was in dieser Zeit alles schief gehen kann!

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BILD: MELANIE ÖHLENBACH

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