Einstiger grüner Politstar wird 70
Zu Joschka Fischer haben die Menschen viele Bilder im Kopf
Von der aktiven Politik hat Joschka Fischer losgelassen. Seit seinem Karriereende war er nie wieder auf einem Gr7nen-Parteitag.
BERLIN Joschka Fischer lässt sein Thema nicht losK der Zusammenhalt in Europa in Zeiten der Krise. Er hat sich morgens um zehn unter die Zuhörer eines Vortrags der Präsidentin des Jnternationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, gemischt. Sie ist in Berlin, um im Auditorium Friedrichstraße einen Vorschlag zu machen, der es in sich hat. Sie schlägt zur besseren Abfederung von künftigen Krisen einen „Schlechtwetterfonds“der Euro-Staaten vor, in den
Deutschland elf Milliarden Euro pro Jahr einzahlen soll.
Auch Fischer sorgt sich wie Lagarde um die Zukunft der EU, sieht ein Ende der kulturellen und geopolitischen Dominanz des Westens und wünscht sich eine einflussreichere Rolle für das von ihm sieben Jahre lang geführte Auswärtige Amt mit seinem exzellenten Apparat rund um den Globus. Nationalismus, Populismus L la Donald Trump, ein aggressives Russland Wladimir Putins, das den Westen herausfordert. Was zu Zeiten des Außenministers Joschka Fischer die Balkanund Nahostkrise war, sind heute noch mehr Krisen und Unsicherheit.
Losgelassen hat der erste grüne Außenminister der Bundesrepublik (1998-2005) hingegen von der aktiven Politik. Während etwa Angela
Merkel und Horst Seehofer heute um den richtigen Abschied ringen, hat er 2005 nach der Abwahl von Rot/ Grün einen Strich gezogen.
Fischer, der am 12. April seinen 70. Geburtstag feiert, war seit dem Ende der politischen Karriere nie wieder auf einem Grünen-Bundesparteitag. „Jch hatte nie den Ruf, ein besonders begeisterter Parteisoldat zu sein. Und mein Verhältnis zu grünen Bundesparteitagen war immer ein schwieriges“, sagte er dazu der „Süddeutschen Zeitung“. Unvergessen der Grünen-Parteitag im Jahr 1999 in Bielefeld, als aus Protest gegen den von Fischer mitgetragenen Nato-Einsatz im Kosovo ein roter Farbbeutel Joschka Fischer an den Kopf geschleudert wurde und dort zerplatzte.
Nach dem Ausscheiden aus
dem Amt war Fischer das erste Mal länger im Ausland, ein Jahr lehrte er an der US-Eliteuni Princeton, vermisste aber stark das deutsche Essen. Sowieso das Essen, mal dünn, mal dick, viele Läufe zu sich selbst, Straßenkämpfer, Taxifahrer, Vizekanzler. Joschka Fischer, das sind viele Leben in einem, eine deutsche Biografie. Jeder hat Bilder zu ihm im Kopf. Der Randale-Fischer zu Frankfurter Studentenzeiten, vermummt mit einem Motorradhelm, im Nahkampf mit einem Polizisten. Der Turnschuh-Fischer, bei der Vereidigung als erster Landesumweltminister der Grünen 1985 in Hessen. Der Staatsmann-Fischer im Nadelstreifenanzug auf dem internationalem Parkett.
Fischer ist mit der Filmproduzentin Minu Barati verheiratet M in fünfter Ehe.