Vorschnell
Die Freude über das erste frühlingshafte Wochenende mit Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen war schnell verflogen, als die Nachricht von der furchtbaren Amokfahrt in Münster die Runde machte. Und gleich kamen Erinnerungen an politisch motivierte Anschläge wie in Nizza, Stockholm oder Berlin auf. In sozialen Netzwerken kursierten Vermutungen über islamistische Hintergründe, die schnell als Behauptung herausposaunt wurden. Mit ihren vorschnellen Urteilen über die vermeintlichen Motive der Amoktat haben die Krakeeler nur für Verwirrung gesorgt. Die Ermittler rätseln noch über die Motive des Attentäters, der sich selbst richtete.
Das Traurige wurde einmal mehr zur Gewissheit: In einer offenen, demokratischen Gesellschaft sind Anschläge – ob sie nun politisch motiviert sind oder von psychisch Erkrankten verursacht wurden – nicht zu verhindern. Man kann Sicherheitsmaßnahmen für Orte ergreifen, die von vielen Menschen aufgesucht werden, aber letztlich lässt sich ein Anschlag auch durch noch so viel Sicherheitskräfte nicht völlig ausschließen. Dass rechte Politiker wie die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch aus dem Anschlag politisches Kapital ziehen wollen, war zu erwarten. Ihre Unterstellung, der Anschlag sei islamistisch motivierten Gewalttaten nachempfunden, ist so übelerregend wie böswillig. Aber in ihrer Merkel- und Flüchtlingsphobie können von Storch und Co. nicht auf gelassen schalten. Sie müssen mit ihren Feindbildern ihre Anhänger bedienen.
Bleibt das Bild von den langen Schlangen von Menschen vor der Uni-Klinik in Münster, die Blut spenden wollten. Ein Bild, das bei aller Aufregung um die noch nicht aufgeklärten Hintergründe des Anschlags versöhnlich stimmt. @Den Autor erreichen Sie unter Begerow@infoautor.de