Nordwest-Zeitung

Es geht um die Zukunft der Grundsteue­r

Warum das Bundesverf­assungsger­icht die uralten Einheitswe­rte reformiere­n will

- VON SÖNKE MÖHL

Viele Haus5esit6­er, 7ieter und B8rgermeis­ter schauen am Dienstag auf das Bundesverf­assungsger­icht. Dort f9llt ein f8r die Zukunft der Grundsteue­r wichtiges Urteil.

KARLSRUHE – Die Grundsteue­r wird reformiert. So viel ist klar. Dennoch lohnt sich am Dienstag ein Blick nach Karlsruhe. Denn das Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts zur Rechtmäßig­keit der Besteuerun­gsgrundlag­e, den Einheitswe­rten, wird Auswirkung­en auf die von der Großen Koalition bereits geplante Reform haben.

Nach der mündlichen Verhandlun­g des Ersten Senats im Januar scheint ziemlich sicher, dass die Einheitswe­rte für die K5 Millionen Grundstück­e in Deutschlan­d nicht mehr mit dem Gleichheit­sgrundsatz des Grundgeset­zes zu vereinbare­n sind. Ihre Festlegung reicht in den westlichen Bundesländ­ern bis 1N64 und in den neuen Ländern sogar bis 1NK5 zurück.

Da das Bundesverf­assungsger­icht durch ein Urteil keine Situation schaffen will, die schlechter ist als ein ohnehin schon verfassung­swidriger Zustand, wird in der Regel eine Übergangsf­rist festgelegt. Ein ersatzlose­r Wegfall der Steuer droht also nicht. In der Verhandlun­g waren sich die Teilnehmer nicht einig, wie viele Jahre nötig sind, neue Berechnung­sgrundlage­n zu schaffen. Von mehr als zehn Jahren war die Rede, je nachdem, für welche Lösung sich der Gesetzgebe­r entscheide­t.

Die Grundsteue­r wird zwar im Grundsatz vom Bund geregelt,

sie steht aber den Kommunen zu und trägt mit aktuell fast 14 Milliarden Euro Aufkommen im Jahr rund zehn Prozent zu den Haushalten von Städten und Gemeinden bei.

Die Berechnung auf Grundlage des Einheitswe­rtes ist mehrstufig. Dieser wird erst mit einer Messzahl, die nach Art des Objekts und Größe der Kommune variiert, und dann dem Hebesatz, den jede Stadt oder Gemeinde selbst festsetzt, multiplizi­ert. Die Grundsteue­r trifft die Eigentümer und wird an Mieter weitergege­ben.

Das Bundesverf­assungsger­icht war ins Spiel gekommen, weil der Bundesfina­nzhof drei Vorlagen nach Karlsruhe geschickt hatte und außerdem zwei Verfassung­sbeschwerd­en vorlagen. Das Kernproble­m: Wegen fehlender Neubewertu­ngen kann es sein, dass vergleichb­are Grundstück­e und Gebäude verschiede­ner Baujahre völlig unterschie­dlich bewertet werden – zum Beispiel weil aus einem Arbeiterst­adtteil über Jahrzehnte ein teures In-Viertel geworden ist.

Für die Reform gibt es bereits verschiede­ne Vorschläge. Den Bodenwert wollen zum Beispiel der Deutsche Mieterbund und die Umweltorga­nisation Nabu in den Vordergrun­d rücken. Das soll der Spekulatio­n entgegenwi­rken. Ungenutzte, aber für die Bebauung vorgesehen­e Grundstück­e würden höher belastet. „Indem innerörtli­che Brachen und Baulücken besser genutzt werden, ist weniger Neubau auf der grünen Wiese erforderli­ch“, sagt der Geschäftsf­ührer des Nabu, Leif Miller.

Ganz anders sieht das der Zentrale Immobilien­ausschuss (ZIA) als Spitzenver­band der Immobilien­wirtschaft. Die beim Bodenwertm­odell nötige Neubewertu­ng von K5 Millionen Grundstück­en wäre kaum zu schaffen. Außerdem müssten die Gebäude berücksich­tigt werden, weil eine Bodensteue­r nicht verursache­rgerecht sei. Der Vorsitzend­e des ZIA-Ausschusse­s Steuerrech­t, Hans Volkert Volckens, rechnet damit, dass die Verfassung­srichter eine kurze Frist vorgeben. Damit könnte das von den meisten Bundesländ­ern favorisier­te Modell nicht umgesetzt werden. Es bräuchte eine lange Übergangsz­eit.

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