Ein kriegerischer Dschungel namens Syrien
2er im Kampf um die Macht im Land gegen wen kämpft – Die Ziele der unterschiedlichen Parteien
Mutmaßliche Giftgasangriffe, Luftschläge, Angriffsplanungen des Westens und immer wieder blutige Gefechte Mann gegen Mann: Der syrische Bürgerkrieg ist zu einem Gewirr sich überschneidender Konflikte geworden. Wer kämpft gegen wen? Eine Übersicht: c Zentralregierung: Bis zum Eingreifen Russlands 2015 gelang es der Zentralregierung in Damaskus, die Hauptstadt und die wichtige Küstenregion im Norden zu halten. Dort befindet sich das Siedlungszentrum der Alawiten, einer islamischen Sondergruppe, der auch der Präsident angehört. Seit 2015 erobert Baschar alAssads Armee die von Rebellen gehaltenen Gebiete zurück. Ziel des Regimes ist es, die Kontrolle über das gesamte Staatsgebiet zurückzuerlangen und die von der sozialistischen Baath-Partei gestützte Herrschaft der mehrheitlich alawitischen Eliten zu erhalten. Gegner sind sämtliche Rebellengruppen im Land, die USA, die Türkei und sämtliche europäische Staaten. Verbündete sind der Iran und Russland sowie die libanesische Hizb-Allah-Miliz. Die engen Verbindungen zum Iran bringen das Regime auch in Konflikt mit Israel. c Rebellen: Unter „Rebellen“ist im Bürgerkrieg keine zentral geführte Macht zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um ein unübersichtliches, ständig in Bewegung befindliches Gewirr Dutzender Gruppen. Von einer „gemäßigten Opposition“kann bereits seit mehreren Jahren keine Rede mehr sein. Selbst die einst vom Westen unterstützte „Freie Syrische Armee“wird heute von djihadistischem Gedankengut geleitet. Gegner der Opposition ist das Assad-Regime. Hauptziel ist der Sturz Assads. Häufige Kämpfe auch untereinander. Unterstützung erhalten verschiedene Gruppen aus der Golfregion, der Türkei, den USA sowie von nichtstaatlichen islamischen Organisationen. c Islamischer Staat: Seit dem Eingreifen Russlands und der westlichen Koalition, sowie den Erfolgen der irakischen Regierung gegen die Hochburgen den Organisation im Nachbarland verliert der Islamische Staat an Einfluss. Seine Kämpfer kontrollieren nur noch wenige Gebiete im Nordwesten und Osten des Landes. Der IS kämpft gegen alle anderen Parteien in Syrien. Ziel ist der Aufbau eines islamischen Staatswesens. Unterstützung durch die Golfmonarchien und die Türkei ist eingestellt worden. c Kurden: Den Kurden im Norden Syriens gelang es während des Bürgerkriegs eine Quasi-Autonomie zu erringen. Zudem trugen die kurdischen Kämpfer des syrischen PKKAblegers die Hauptlast des Kampfes gegen den IS. Die einstige Unterstützung des Westens ist inzwischen Vergangenheit. Die Kurden verlieren zunehmend Territorium an die türkische Armee sowie die mit ihnen verbündeten islamistischen Milizen. Ziel der Kurden ist eine Autonomie in Nordsyrien oder die Eigenstaatlichkeit. Das Verhältnis zur Zentralregierung schwankt zwischen Konfrontation und lokalen Bündnissen. Gegner sind alle islamistischen Gruppen sowie die Türkei. c Russland: Das russische Expeditionskorps kämpft seit 2015 an der Seite Assads gegen sämtliche Oppositionsmilizen sowie den IS. Es war wesentlich für die Stabilisierung und das Überleben des Regimes. Russland verfolgt eine doppelte Strategie: Zum einen will Moskau die Desintegration Syriens verhindern, damit das Land nicht zur Spielwiese islamistischer Gruppen werden kann, die wiederum Russland im eigenen Land bedrohen könnten. Zum anderen betrachtet die russische Regierung Syrien als Basis im Mittelmeergebiet. Damit gerät Moskau in Konflikt mit den USA, der EU sowie letztlich auch der Türkei. c Iran: Für den Iran ist Syrien zentraler Teil seiner Einflusspolitik im Mittelmeerraum. Die Unterstützung der syrischen Regierung ermöglicht Teheran eine militärische Präsenz in der Region. Diese richtet sich gegen das Hauptziel iranischer Ambitionen: Israel. Die Zerstörung des jüdischen Staates ist iranische Staatsdoktrin. Gegner Teherans sind die sunnitischen Oppositionskräfte, die USA sowie Israel. Verbündete: Russland und die Zentralregierung. c Türkei: Auch die Türkei verfolgt in Syrien eine doppelte Strategie. Dabei gerät sie in Konflikt mit den Kurden, der Zentralregierung und letztlich auch mit den USA und Russland. Zum einen war noch jede türkische Regierung bestrebt, jede wie auch immer geartete kurdische Autonomie oder Eigenstaatlichkeit auch in den Nachbarländern mit allen Mitteln zu verhindern. Triebkraft ist die Angst vor sezessionistischen Bestrebungen der eigenen kurdischen Bevölkerung. Zum anderen betreibt die Türkei eine aggressive Außenpolitik, deren ultimatives Ziel die so weitgehend wie mögliche Wiederherstellung des 1918 untergegangenen Osmanischen Reiches ist. c Israel: Die israelische Regierung sieht im iranischen Aufmarsch eine massive Bedrohung der Existenz des Staates. Ziel Jerusalems ist es, diesen zu beenden. Konfliktpotenzial birgt die russische und türkische Präsenz. c USA: Für die USA ist Syrien objektiv ein sekundäres Problem. Der erratische Präsident Donald Trump lässt allerdings keine konsistente Strategie erkennen. Von symbolischen Bombardements bis zum Abzug sind hier alle Szenarien denkbar. c Europa: Europa hat weder eine Syrien-Strategie noch Einfluss auf die Ereignisse noch Verbündete im Land. Das schließt einzelne Luftschläge gegen die Zentralregierung jedoch nicht aus.