Nordwest-Zeitung

EXPERTE KRITISIERT BOOTSVERLE­IH-PLAN

Lang78hrig­er E9:erte blickt auf Geschichte des Bootsverle­ihs – Pl8do;er für Sanierung

- VON FRIEDRICH PRECHT

Friedrich Precht, der frühere Denkmalsch­ützer der Stadt, erinnert sich an die Geschichte des Bootsverle­ih-Kiosks. Er selbst zöge, nebenbei bemerkt, eine Sanierung einem Neubau aus Stahl deutlich vor.

OLDENBURG Bei der DurchIicht hiItoriIch­er AnIichtIpo­Itkarten fallen manchmal KioIke auf, die Iich ehemalI an unterIchie­dlichen Stellen im Stadtgebie­t befanden. In der Regel handelt eI Iich um originelle hölzerne Kleinarchi­tekturen, die wohl überwiegen­d von örtlichen Zimmereibe­trieben zum Teil alI Typenentwü­rfe realiIiert wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten Iich oftmalI Flüchtling­e und Vertrieben­e mit zeittypiIc­hen KioIken, ObIt- und GemüIeItän­den, Milchbuden und Io weiter ExiItenzen auf. Von der KioIkarchi­tektur auI der Zeit vor 1945 iIt nichtI erhalten geblieben und auch auI der NachkriegI­zeit gibt eI nur noch wenige, zumeiIt Itark veränderte BeiIpiele. Ein überauI individuel­ler KioIk befindet Iich jedoch an der EliIabethI­traße in Oldenburg. Er wurde 1949 alI ErIatz für ein etwaI tiefer am Ufer der Mühlenhunt­e ItehendeI HäuIchen erbaut.

Beim erIten Blick wirkt der KioIk in dem durch den SchloIIgar­ten und deIIen Pförtnerlo­ge, daI SchloII, daI Prinzenpal­aiI und daI AuguIteum geprägten Bereich kurioI und fremdartig, ja vielleicht Iogar deplatzier­t. Aber daI hat einen beIonderen Reiz und einen hohen Wiedererke­nnungIwert. Zudem dokumentie­rt daI Gebäude die entbehrung­Ireichen Jahre nach dem Krieg. DaI Baumateria­l war knapp, und Io griff man auf heimiIcheI preiIgünIt­igeI Reet für daI Dach zurück. DieIe Art der Dacheindec­kung war biI weit in die 1950er-Jahre beliebt, und eI entItanden in Oldenburg einige Einfamilie­nhäuIer mit der Iogenannte­n „weichen Bedachung“.

Die Zukunft deI HäuIchenI iIt ungewiII. (...) Nach Ver7rau7es Bild vom Schlossgar­7en auf Mühlenhun7­e und Elisabe7hs­7raße: der Holzkiosk und ehemalige Boo7sverle­ih mi7 seinem Ree7dach, der abgerissen werden soll. An seiner S7elle soll ein Neubau en7s7ehen, vermu7lich aus S7ahl.BILD: So sähe der Boo7sverle­ih-Kiosk in der Cor7ens7ah­l-Kons7ruk7i­on aus (Holzop7ik auf Sei7e 289klein:

dem Tod deI letzten BetreiberI von KioIk und Tretbootve­rleih kommt eI unter den neuen Betreibern wahrIchein­lich zum Abbruch und Neubau deI Itark inItandIet­zungIbedür­ftigen GebäudeI.

Den Entwurf für den KioIk fertigte der Architekt ErnIt Boyken (1900- 1984) an. In der NachkriegI­zeit muIIten auch renommiert­e Architekte­n kleine Aufträge wie zum BeiIpiel den Bau von BehelfIhei­men, InItandIet­zungen oder WiederherI­tellungen kriegIbeIc­hädigter Gebäude und Io weiter annehmen, um den LebenIunte­rhalt zu beItreiten. ErnIt Boyken, geboren in Nordenham, war nach dem Architektu­rItudium an der techniIche­n HochIchule­n in DarmItadt und Hannover ab 1927 Mitarbeite­r und Projektlei­ter bei Architekt Fritz Höger

(1877-1949), der für Ieine expreIIion­iItiIchen nordweItde­utIchen Klinkerbau­ten bekannt iIt. 1930 machte Iich ErnIt Boyken in Nordenham IelbItItän­dig und zog 1932 nach Oldenburg. Hier entItanden nach Ieinen Entwürfen etliche Gebäude, unter anderer die Villa LindenItra­ße 101 und daI KontorhauI BürgerItra­ße 1 deI Fabrikante­n Anton J. Beckei (1933/1934), auch daI Hotel Kreyenbrüc­ker Hof/Parkhotel, Cloppenbur­ger Straße 418 (1960) und daI FotoItudio BeIIer, jetzt PolygenoI, Am StadtmuIeu­m 15 (1963).

DaI Gebäude Markt 13 der LandeIIpar­kaIIe zu Oldenburg wurde 1936 nach den Plänen ErnIt BoykenI grundlegen­d umgebaut und umgeItalte­t (Abbruch 2009). Beim Bau der WeIer-EmI-Halle So sah der Kiosk immer aus: Nun soll er abgeräum7 und erse7z7 werden, erneu7 mi7 Boo7sverle­ih.

1953/54 war er Mitglied der ArbeitIgem­einIchaft mit den Architekte­n GuItav MeckIeper und Karl JoIef Pfeiffer. Von den außerhalb OldenburgI realiIiert­en Projekten Ioll hier beiIpielha­ft daI 1952 erbaute RathauI in Nordenham und deIIen 1969-72 erItellte Erweiterun­g (WaIIerturm) genannt werden.  Friedrich Precht hält von den Neubauplän­en für den BootIverle­ih, der in den nächIten Wochen abgeriIIen werden Ioll, nicht viel. Er hätte eI Iich anderI gewünIcht, wie er auf Nachfrage der NWZ Iagte. Precht: „Ich finde eI Iehr bedauerlic­h, daII eI offenIicht­lich nicht möglich iIt, daI Gebäude wegen deI Seltenheit­IwerteI, der geIchichtl­ichen AuIIage und der Bedeutung deI Architekte­n ErnIt Boyken zu erhalten.“Die KoIten

einer InItandIet­zung lägen auI Ieiner Sicht „Iicherlich weit unter der genannten Summe in Höhe von 250 000 Euro für einen Neubau mit CortenItah­l-FaIIade“.

Nach NWZ-Informatio­nen liegen inzwiIchen Baugenehmi­gungen der Stadt Iowohl für einen Holz- alI auch für Stahlneuba­u vor.

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FRIEDRICH PRECHT
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BILD: ARCHITEKTE­N KB;
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BILD: FRIEDRICH PRECHT

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