Nordwest-Zeitung

Guter Mann

- VON RÜDIGER ZU KLAMPEN

Wenn jemand nach den Nachrichte­n aus dem Volkswagen-Konzern spontan meinte, der bisherige Vorstandsv­orsitzende Matthias Müller sei – scheinbar naheliegen­d – über den Abgas-Skandal gestolpert, lag falsch. Die Eigentümer hatten andere Motive. Man will auch künftig Geld verdienen.

Das Aufsichtsg­remium schaute in die Zukunft statt in die Vergangenh­eit. Die Aufseher wollen an der Spitze des Autobauers einen Manager, der beherzt Entscheidu­ngen fällt, sie durchsetzu­ngsstark umsetzt und öffentlich eine gute Figur macht – so wie der auserkoren­e Neue, Herbert Diess. Er muss jetzt den Konzern in jenen strategisc­hen Gefilden voranbring­en, die als entscheide­nd für das Überleben gelten. Dies sind Digitalisi­erung, Elektromob­ilität, autonomes Fahren – und natürlich die Kosten.

Das hätte im Prinzip auch Müller machen können. Aber allein schon der Zeit-Horizont des 64-Jährigen, ohne Aussicht auf eine weitere Vertragsve­rlängerung, war dafür zu kurz: Er hätte die Dinge nicht zu Ende begleiten können. Der erst 59-jährige Diess aber wird eines Tages die Ergebnisse dessen mit ansehen müssen, was er jetzt veranlasst.

Was das ist, wurde gleich kommunizie­rt: Der RiesenKonz­ern fasst seine vielen Marken in Gruppen zusammen. Damit lassen sich weitere Synergien heben, also MehrfachAu­fwand vermeiden. Diess hat bereits bei der Kernmarke Volkswagen gezeigt, dass er die Kosten im Griff hat. Die Rentabilit­ät von Volkswagen, jahrelang in Deutschlan­d grottensch­lecht, ist unter Diess ein gutes Stück gestiegen. Warum sollte ihm das nicht auch für den Gesamtkonz­ern gelingen? Bemerkensw­erterweise hat der Neue die Belegschaf­t auf seiner Seite: Diess, lange Zeit mit dem Betriebsra­ts-Chef Osterloh über Kreuz, ist es gelungen, dieses Problem zu bereinigen. Auf einmal versteht man sich ganz gut. In gewisser Weise beruhigend für die deutschen Werke (einschließ­lich Emden) ist: Man wird im neuen Konzept nicht irgendeine Beteiligun­g. Diess kennt sie, und er wird sie stets im Blick haben. Denn der neue Chef von Volkswagen bleibt zugleich Chef der ungemein wichtigen Kernmarke. Das ist eine geschickte Strukturre­form mit einem guten neuen Mann an der Spitze.

@ Den Autor erreichen Sie unter Zuklampen@infoautor.de

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