Nordwest-Zeitung

O t „keine Revolution“

Der neue Chef will dem VW-Konzern Beine machen

- VON JAN PETERMANN UND THOMAS STRÜNKELNB­ERG

„Dieselgate“scheint langsam überwunden, die Verkäufe sind auf 0ekordh9he. Doch Diess will mehr.

FOLFSBURG/BERLIN iie sich die Bilder gleichen. Mitten im Abgasskand­al, im Herbst 2015, wollten die damals neuen starken Männer bei Volkswagen eine Strukturre­form durchdrück­en. In den Hauptrolle­n: Matthias Müller, der nun selbst abgelöst wird, und Chefaufseh­er Hans Dieter Pötsch. Ein „Neuanfang“sollte es sein, „schneller“wollte man werden, weniger aus Wolfsburg gesteuert. Und heute? Erfindet sich der Konzern wieder einmal neu. Müllers Nachfolger Herbert Diess will Entscheidu­ngen beschleuni­gen und den Marken mehr Verantwort­ung geben.

Betriebsra­tschef Bernd Osterloh unterstütz­t das Vorhaben – vergessen scheinen die Tage, als beide Männer im Streit um das „Zukunftspa­kt“genannte Sparpaket über Kreuz lagen. Die Veränderun­gen im Detail: c Verschlank­ung Machtkonze­ntration? Diess betont: Um eine Weiterentw­icklung gehe es. Eine „Revolution“sei nicht geplant. Stattdesse­n eine Rückbesinn­ung? Diess behält neben der Konzernfüh­rung die Leitung der Kernmarke VW Pkw – und kehrt damit zu dem Doppelmode­ll zurück, das vor allem mit dem von „Dieselgate“aus dem Amt gefegten Exger oder Vorstandsc­hef Martin Winterkorn verbunden wird. Allerdings: Diess zur Seite gestellt werden soll ein Verantwort­licher fürs Tagesgesch­äft der Marke VW, ein „Chief Operating Officer“. Wer dieses Amt ausfüllt, steht noch nicht fest. c Marken und Funktionen Als Verbund starker Marken sieht Diess den weltgrößte­n Autobauer, gesteuert von einer straffen Konzernfüh­rung. Dazu hat der Aufsichtsr­at die Gliederung in sechs operative Einheiten und die Region China beschlosse­n. Für die schwere Nutzfahrze­ug-Einheit Truck & Bus wird ein Börsengang vorbereite­t. Laut „Spiegel“will VW damit bis zu sieben Milliarden Euro erlösen. Das Ziel ist klar: Man will in den jeweiligen Sparten schlagkräf­tiger gegenüber Rivalen wie Toyota/PSA/Renault/General Motors (Volumen), Daimler/BMW (Premium) oder Daimler/Volvo (Lkw und Busse) werden.

Die für die Markengrup­pen verantwort­lichen Vorstandsc­hefs sollen zudem markenüber­greifende Führungsau­fgaben übernehmen. Zwar sei „eine Neuordnung des Konzerns aufgrund seiner Komplexitä­t dringend geboten“, meint NordLB-Analyst Frank Schwope. Ein ähnliches Modell wie Diess habe einst ExChef und Winterkorn-Vorgän- Bernd Pischetsri­eder verkündet. „Wahrnehmba­r gelebt wurde dies aber nie.“Diess betonte, VW müsse im „ausgesproc­hen anspruchsv­ollen Wettbewerb­sumfeld“das Tempo deutlich erhöhen. c Und was macht Matthias Müller? Der Wechsel an der Spitze ist laut Schwope überrasche­nd – zumal der Konzern so erfolgreic­h wie nie ist. „Allerdings galt Müller von vornherein als Mann des Übergangs.“Dem bisherigen Konzernche­f soll zudem intern Zauderei bei wichtigen Entscheidu­ngen vorgeworfe­n worden sein. Darauf scheint auch Diess’ Hinweis, das Tempo müsse erhöht werden, hinzudeute­n. Zudem agierte Müller oft impulshaft und schnippisc­h. Fest steht, dass die VW-Granden seine Leistung hoch anerkennen. Er habe in 44 Jahren für den Konzern „Herausrage­ndes geleistet“, betonte Pötsch. Müllers Vertrag läuft noch bis 2020, nach VW-Angaben soll er als Berater eingesetzt werden. Das wirkt nach außen besser, zumal das Millioneng­ehalt sonst zur Millionena­bfindung geworden wäre. c Zukunftsth­emen Diess wird großes Interesse an der E-Mobilität nachgesagt. Bei VW macht er die Auto-IT zur Chefsache, alles rund um Vernetzung kommt unter seine Fittiche, ebenso Forschung und Entwicklun­g. In dem Punkt dürfte er dem Konzern tatsächlic­h mehr Tempo beibringen – auch wenn sich manch einer fragt, warum nicht die Rolle von VW-Digitalche­f und Ex-Apple-Manager Johann Jungwirth ebenfalls aufgewerte­t wurde.

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