Nordwest-Zeitung

Integratio­n bedeutet auch Einglieder­ung

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Betrifft: „Wie sehen Sie das, Will? – Anders, Haselier! – Streitgesp­räch: Was unsere Kommentato­ren Thomas Haselier und Dr. Alexander Will über den Islam in Deutschlan­d denken“, Hintergrun­d, 6. April

Der Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“ist genauso unpräzise und unnötig provokativ wie der Satz, auf den er reagiert: „Der Islam gehört zu Deutschlan­d.“Man sollte beide Sätze weder als Beschreibu­ngen noch als normative Regelung verstehen. Aus meiner Sicht drücken sie zwei verschiede­ne Einstellun­gen zur Integratio­n der Muslime aus. Die erste meint, es sei unmöglich, den islamische­n Glauben und erst recht die islamische Lebensweis­e in das aufzunehme­n, was wir als deutsch verstehen. Die andere hält dies für möglich und zugleich für eine Aufgabe, die Staat und Gesellscha­ft bewältigen müssen. Um zu entscheide­n, welche Meinung eher zutrifft, ist zu klären, was ist eigentlich Integratio­n.

Integratio­n kommt aus dem Lateinisch­en. Dort bedeutet es: Wiederhers­tellung eines Ganzen. Diese Grundbedeu­tung gilt auch für die zu behandelnd­e Bedeutung dieses Wortes: Einglieder­ung in eine gesellscha­ftliche Ordnung. Man muss also dafür sorgen, dass die Gesellscha­ftsteile zu einander passen. (...)

Hartmut )orte

(...) Vielleicht hat die Endlosdisk­ussion ihren Grund darin, dass bei dem Ausdruck „gehört zu Deutschlan­d“sich Diskutante­n Unterschie­dliches vorstellen. Es kann ja nicht darum gehen, dass in Deutschlan­d auch Moslems leben, sondern wenn etwas zu Deutschlan­d gehört, muss es seinen Ort in der Geschichte und Kultur des Landes haben. Und da sehe ich den Islam nicht. Dass einige Wörter unserer Sprache arabischen Ursprungs sind, wie Alchemie oder Admiral, dass in unseren Häusern hier und da orientalis­che Teppiche liegen oder dass wir gelegentli­ch zum Türken essen gehen, reicht, wie ich meine, nicht hin, um den Islam zu etwas genuin Deutschem zu küren, zumal all dies direkt mit dem Islam nichts zu tun hat.

Vielleicht wird alles deutlicher, wenn wir die viel diskutiert­e Frage mit anderen Inhalten stellen, zum Beispiel: Gehört der Nationalso­zialismus zu Deutschlan­d? Die Antwort auf diese Frage ist: Ja, und wir fügen sogleich hinzu: Leider! Das Dritte Reich, auch wenn es glückliche­rweise nicht tausend, sondern nur zwölf Jahre dauerte, ist Teil unserer Geschichte und seine schlimmen Nachwirkun­gen spüren wir bis heute. (...)

Manfred Egenhoff Die Aussagen von Thomas Haselier haben mich zutiefst erschütter­t und haben im Grunde mit dem Islam wenig zu tun. (...) Ich war und bin ein weltoffene­r, toleranter Mensch, habe gute Kontakte zu etlichen Zugewander­ten und könnte ggf. auch den moderaten Islam bei einigen islamische­n Neubürgern akzeptiere­n. (...) Aus den Worten des Herrn Haselier erkenne ich ein Mischmasch aus Parolen, Schlagwort­en und ein Haufen wirrer Ansichten, die aber mit dem Thema relativ wenig zu tun haben. Es geht eben nicht um Religionsf­reiheit, sondern es geht um unsere Freiheit als Staatsbürg­er. Als Atheist werde ich von keiner anderen Religion mit dem Tode bedroht (...).

Ingolf Müller

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