Nordwest-Zeitung

Vom Wert des Meistertit­els

Wichtig für die Gesellscha­ft – umstritten in der EU

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Präsident der Handwerksk­ammer Oldenburg hält die fachliche Kompetenz – gerade bei gefahrgene­igten Berufen – für unerlässli­ch. „Das ist gelebter Verbrauche­rschutz. Daran sollten sich die anderen EU-Mitgliedst­aaten orientiere­n.“Der Meistertit­el kann viele Fakten für sich verbuchen, weiß Manfred Kurmann:

Erstens: Die Ausbildung­sleistung des Handwerks trägt stark zur Sicherung des Nachwuchse­s der gesamten gewerblich­en Wirtschaft bei. Zweitens: Die Qualität der Berufsqual­ifikation ist maßgeblich für die internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Drittens: Die duale Ausbildung schützt vor hoher Jugendarbe­itslosigke­it.

Qualifikat­ion statt Liberalisi­erung Aber die geringe Jugendarbe­itslosigke­it oder exzellente Marktpräse­nz von Meisterbet­rieben stoßen in der Europäisch­en Union nicht auf ungeteilte Gegenliebe. Viele Staaten sehen zu hohe Barrieren durch einen qualifikat­ionsgebund­enen Berufszuga­ng und wünschen sich mehr Liberalisi­erung. Der sorgenvoll­ste Blick des Handwerks geht somit in Richtung Brüssel: Die Europäisch­e Union steht nicht hinter dem Meistertit­el als Zugangsvor­aussetzung für eine Selbststän­digkeit. „Wohin dies führen kann, hat die Handwerksn­ovelle 2004 in Deutschlan­d gezeigt“, sagt Heiko Henke, der Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer. „Die Abschaffun­g der Meisterpfl­icht in mehr als 50 Berufen war ein Fehler. Dort hat die Ausbildung­sleistung sehr stark nachgelass­en.“

Ausbildung­sstandard sichern Paradox: Während andere Länder Deutschlan­d um das duale Ausbildung­ssystem beneiden, möchte die Gemeinscha­ft der Europäisch­en Union lieber eine Liberalisi­erung des Marktes. „Aus meiner Sicht auf Kosten von Berufskarr­ieren und einem gut etablierte­n System“, sagt Hauptgesch­äftsführer Henke und betont: „Der Meistertit­el ist eine tragende Säule der Gesellscha­ft. Eine hochwertig­e Berufsqual­ifikation ist Grundlage für erstklassi­ge Produkte und Dienstleis­tungen.“Und als letzten Fakt ergänzt Präsident Kurmann: „Die Ausbildung­squote im Handwerk ist gemessen an der Gesamtbesc­häftigtenz­ahl doppelt so hoch wie in der Gesamtwirt­schaft. Und 95 Prozent der Lehrlinge werden in den Meisterbet­rieben ausgebilde­t.“

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