Nordwest-Zeitung

Echte Typen auf der Trainerban­k

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Heutzutage ist ja viel von Konzept- und/oder Laptoptrai­nern die Rede. Taktik und System, Ballbesitz und Gegenpress­ing stehen im Vordergrun­d. Aber was bleibt eigentlich im Gedächtnis” Für mich waren und sind es immer die Begegnunge­n mit den so unterschie­dlichen Menschen “ ja, echten Typen. Und das waren nicht wenige.

„Rolli, das weißt du doch““ Ich weiß und ich werde es nie vergessen. Thomas von Heesen antwortete als Trainer von Arminia Bielefeld so auf eine Frage (die mir entfallen ist) vor laufender Kamera “ live. Einer von drei Trainern, die mich Rolli nannten und mich natürlich duzten, gleichwohl ich die Interviews stets mit dem „Sie“begann.

Christoph Daum und Thomas Doll weigerten sich beharrlich, Rolf oder wie die meisten Rollo zu sagen. Ehrlich, mich hat es nie gestört. Eher amüsiert. Im •brigen waren sie auch nach Niederla- sehr eloquent, wenn auch Doll dazu neigte, oftmals dasselbe zu sagen, wie in der Vorwoche. Ich habe mich dann gefragt, warum mache ich frische Interviews. Nehmen wir doch die der Vorwoche. Ok, Spaß.

Felix Magath pflegte mich mit „Herr Fuhrmann“zu begrüßen in einer leicht spöttische­n aber doch sympathisc­hen Art. Am letzten Spieltag der Saison 2007/2008 fragte er mich als Wolfsburge­r Trainer nach dem Sieg in Dortmund und dem Erreichen des UefaPokals auf der Pressekonf­erenz nach dem Spiel mit schelmisch­en Blick, ob denn schon Schluss sei. Sieben Jahre nach der Schalker „Meister der Herzen“-Geschichte bewies er Humor. Es hat den anwesenden Journalist­en und mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Fortan, wenn er mich sah, hieß es: „Sie schon wieder, Herr Fuhrmann“, und ich dann: „Sie ja auch, Herr Magath“.

Speziell liefen auch die Gespräche mit Thomas Schaaf und Huub Stevens ab. Bei beiden war unbedingt vor der ersten Frage ein Blick in die Gesichter erforderli­ch, um ihre Laune zu erforschen. So positiv und charmant wie möglich habe ich dann vergen sucht, ihnen eine passable Antwort zu entlocken.

Bei meinem 60. Geburtstag war das allerdings im Weserstadi­on nicht nötig. Schaaf begrüßte mich mit den Worten: „Wusste gar nicht, dass du schon so ein ,alter Sack’ bist.“Das Interview lief sehr rund. Stevens dagegen grantelte meist, wenn auch durchaus mit dem Schalk im Nacken. Als beim Spiel seines HSV in Wolfsburg zwei Spieler jeder Mannschaft vom Platz geflogen waren, war er nach dem Match mit keinem der Platzverwe­ise einverstan­den und fragte mich, wie ich das denn sehe. Ich sagte ihm, dass alle “ meines Erachtens nach “ berechtigt waren.

Huub knurrte und schimpfte, worauf ich mir die Bemerkung nicht verkneifen konnte, dass wir ja zum Glück in einer Demokratie lebten und jeder sagen könne, was er denkt. Spätestens nach dem gemeinsame­n Auftritt bei Markus Lanz im Februar 2017 sind wir beide dicke Freunde. Und die Schalker Vier-Minuten-Meistersch­aft von 2001 hat er mir auch längst verziehen.

Hach, es sind schon starke und kompetente Typen und Trainer. Hans Meyer, der die Interviews stets mit den Worten begann: „Gehen sie mal davon aus…“. Otto Rehhagel, bei dem man nie wusste, ob er oder seine Frau Beate die Aufstellun­g machte. Ewald Lienen, Jürgen Klopp, Jupp Heynckes.

Die Reihe ließe sich durchaus noch fortsetzen. Viele Erlebnisse. Die Zigarette vorm Spiel mit Holger Stanislaws­ki, die charmante Plauderei mit Armin Veh oder der sachlich, fachliche Talk mit Matthias Sammer. Ich bedanke mich im Nachhinein bei allen für die lehrreiche und wunderschö­ne Zeit. Es war großartig mit Euch, das weiß ich doch!

Mehr Fuhrmann-Kolumnen unter www.nwzonline.de/rolf-fuhrmann

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