Nordwest-Zeitung

„Wir alle sind Juden“

Was den Staat Israel 70 Jahre lang erfolgreic­h und stark gemacht hat

- VON BJÖRN IHLE

Israel feiert in dieser Woche seinen 70. Geburtstag. Am 14. Mai 1948 erklärte David Ben Gurion, Israels erster Ministerpr­äsident, die Unabhängig­keit des Staates Israel. Feiertage werden in Israel nach dem jüdischen Kalender begangen. Die Unabhängig­keitserklä­rung fand am 5. Ijjar 5708 statt. Der 5. Ijjar fällt in diesem Jahr auf den 19. April.

Tausende Menschen gingen damals, vor 70 Jahren, auf die Straßen und feierten. Doch schon einen Tag später wurde der gerade geborene Staat von seinen arabischen Nachbarn angegriffe­n. Dies war der Beginn des Unabhängig­keitskrieg­es. Es war leider nur der erste von mehreren Kriegen. Immer wieder musste der jüdische Staat um sein Existenzre­cht kämpfen. Auch heute, 70 Jahre nach Staatsgrün­dung, ist dieser Kampf noch nicht beendet.

Als ich vor fast 30 Jahren meinen jüdischen Wurzeln folgte und nach Israel kam, war ich voller Optimismus, dass Israel bald sein Ziel erreichen und in Frieden mit seinen Nachbarn leben wird. „Das kann doch nicht so schwierig sein“, dachte ich mir. Doch je länger ich im Land war, desto mehr wurde mir bewusst, dass es nicht so einfach ist, wie es vielleicht für einen Außenstehe­nden

aussehen mag. Noch immer hat die Organisati­on Hamas das Ziel, die Juden aus dem Land zu vertreiben, den Staat Israel auszulösch­en. Immer wieder hört man ihre Führer das sagen. Wir haben gelernt, mit dieser ständigen Bedrohung zu leben, so unmöglich es für den Leser erscheinen mag. Auch haben wir uns an die ständige Kritik aus Europa und der UNO gewöhnt, die immer erst dann kommt, wenn Israel auf einen arabischen Terroransc­hlag gegen Israelis reagiert, anstatt den Anschlag selbst zu kritisiere­n.

Es ist uns klar, dass wir uns nur auf uns selbst verlassen können.

Israel hat sich in seinen 70 Jahren enorm entwickelt. Heute wird Israel oft als StartUp-Nation bezeichnet. Ja, wir Israelis sind stolz auf unser Land. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, wenn es darauf ankommt, sind wir alle vereint.

Es gibt ein Lied aus einem hier sehr bekannten israelisch­em Musical mit dem Namen „Kazablan“, in dem die Geschichte jüdischer Einwandere­r verschiede­ner Herkunft im Jerusalem der 50er Jahre dargestell­t wird. „Wir alle sind Juden“, heißt es in dem Lied – ganz egal, von wo wir herkommen. Und genau das scheint es zu sein, was uns zu- sammenhält. Auch ich empfinde das so, trotz der großen Unterschie­de zwischen ultraortho­doxen, religiösen und den nicht-religiösen Juden. Der größte Teil dieser nichtrelig­iösen Juden, unter die auch ich zu rechnen bin, fastet aber am Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Denn: „Wir alle sind Juden.“

Einem Tag vor dem Unabhängig­keitstag gedenken wir in Israel der gefallenen Soldaten und der Opfer der Terroransc­hläge. Danach geht die Trauer dann in die Freude über den Geburtstag des Staates Israel über. Am Unabhängig­keitstag geht ganz Israel seinem „Nationalsp­ort“nach: Es wird gegrillt. Überall. Dafür ist jedes Stück Wiese gut. Die Parks sind an diesem Tag überfüllt. Am Strand von Tel Aviv kann man am Himmel die Flugparade der Luftwaffe bewundern, im Fernsehen findet der jährliche TorahWettb­ewerb für junge Juden aus der ganzen Welt statt.

Auch wir werden, wie in jedem Jahr, den Geburtstag unseres Landes feiern, voller Hoffnung, irgendwann vielleicht doch in Frieden mit unseren Nachbarn leben zu können. Dass dies möglich ist, hat uns im Jahr 1979 der damalige Ministerpr­äsident Menachem Begin gezeigt, als er das Friedensab­kommen mit Ägypten, einem früheren Erzfeind Israels, unterzeich­nete.

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