Nordwest-Zeitung

Ein Popstar hinter dem Propeller

Wie der Mythos Manfred v. Richthofen bis heute überlebt hat

- VON NICO POINTER

In seinen knallrot gestrichen­en Doppel- und Dreidecker­n hat Manfred v. Richthofen rund 80 Flugzeuge vom Himmel geholt. In der Heimat feiern sie ihn dafür als „Roten Baron“, die Gegner fürchten und respektier­en den „Roten Teufel“. Bereits zu Lebzeiten wird er zur ritterlich­en Heldenfigu­r stilisiert.

Der Historiker Joachim Castan, Autor einer umfassende­n Biografie von Richthofen, zweifelt am Mythos vom edlen Ritter der Lüfte. Was genau in der Luft damals geschah, sei ungewiss. An anderer Stelle habe der Baron aber auch auf kampfunfäh­ige Gegner „draufgehal­ten“.

Castans Credo: Richthofen sei vor allem Jäger gewesen. Er sammelte Trophäen und strebte nach Ruhm. Die Luftduelle sah der junge Deutsche als Wettkampf. Bereits in seiner Jugend zählt für den 1892 in Breslau geborenen Richthofen vor allem die Jagd. Andere Leidenscha­ften sind ihm fremd. Frauen spielen in seinemLebe­nkeineRoll­e–trotz vieler Bewunderin­nen.

Das Luftwaffen­geschwader 71 der Bundeswehr im ostfriesis­chen Wittmund ist nach Richthofen benannt. In Wittmund ist man stolz auf den Kampfflieg­er. Dort wird ein rotes „R“auf die Flugzeuge lackiert. Er sei Identifika­tionsfigur für die Soldaten und stehe für soldatisch­e Werte wie Kameradsch­aft und Pflichtbew­usstsein, sagt Kommodore Manfred v. Richthofen. Kai Ohlemacher. Zudem habe er mit seinen Taktiken die Grundlagen der militärisc­hen Luftfahrt gelegt, von denen man heute noch profitiere.

Die Bundeswehr ringt besonders seit dem Skandal um den rechtsextr­emen Soldaten Franco A. mit ihrem historisch­en Erbe, vor allem mit der NS-Zeit. Aber Richthofen ist für die Soldaten in Wittmund dennoch Vorbild. Das sei im Einklang mit dem neuen Traditions­erlass. Am 100. Todestag wird er in Wittmund mit einer Serenade geehrt.

Im Sommer 1917 trägt Richthofen in einem Luftkampf eine Schusswund­e in der Stirn davon. Die Kugel lähmt ihn und macht ihn blind – allerdings nur für einige Momente. Es gelingt ihm, seine Maschine zu landen. Gegen den Rat der Ärzte ist er schon nach kurzer Zeit wieder in der Luft. Am 21. April 1918 wird der erst 25-Jährige über Nordfrankr­eich abgeschoss­en – wohl vom Boden aus. Die genauen Umstände seines Todes sind – passend zum Mythos – bis heute ungeklärt.

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BILD: POSTKARTE VON 1917/NEUKOLORIE­RT

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