Nordwest-Zeitung

„Nicht nur der Blick auf die Erde ist fasziniere­nd“

Astronaut Thomas Reiter über Eindrücke und Strapazen eines Aufenthalt­s im Weltraum

- VON NORBERT WAHN

RAGE Ze eite , kie waren als Astronaut schon weimal im Weltraum. Alexander Gerst bricht im Juni u seiner weiten Mission auf ur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS. Wie laufen die Vorbereitu­ngen auf solch einen Einsat und wo liegen dabei die Schwerpunk­te? REITER: Der Hauptfokus ist ausgericht­et auf die Vorbereitu­ngen auf das wissenscha­ftliche Programm, das man da oben ausführen soll. Der zweite Teil ist die Zuständigk­eit für Wartung und Instandhal­tung der gesamten Bordsystem­e. Das ist zusammenge­nommen eine enorm große Aufgabe. Alexander hat knapp 80 Experiment­e, die er in dem halben Jahr durchzufüh­ren hat. Das ist eine Menge Holz, was da auf ihn wartet. Dazu muss man sagen, dass heute die Besatzung an Bord der ISS permanent aus sechs Personen besteht. Die Zuständigk­eit für die einzelnen Bordsystem­e ist auf sechs Schultern verteilt. Wir mussten uns das damals alles zu dritt aufteilen. Das war schon ein bisschen anstrengen­der. Auf der anderen Seite fungiert Alexander für den zweiten Teil seiner Mission als Kommandant. Das ist eine enorme Verantwort­ung. RAGE: Und was ist mit der körperlich­en Fitness? REITER: Der Sport gehört zum ganz normalen Trainingsa­lltag dazu. Dabei geht es um Ausdauer- und Krafttrain­ing. man mittlerwei­le auch an Bord machen kann, hilft das enorm. Damit versucht man, den statischen Belastunge­n des Skeletts entgegenzu­wirken und den Verlust von Kalzium auszugleic­hen. Das Training an Bord hilft einem nach einem halben Jahr, auf der Erde sich wieder an die Schwerkraf­t zu gewöhnen. RAGE: Wie reagiert der Körper dann, wenn der Astronaut dann wieder auf der Erde ist? REITER: Der Aufenthalt in der Schwerelos­igkeit bedeutet generell, dass sie den Körper in der Form beeinfluss­t, dass es viele Analogien zu Alterungsp­rozessen gibt. Der Blutdruck muss erst einmal wieder reguliert werden. Ich habe das auch nach der Rückkehr gemerkt: In den ersten Stunden, wenn man da plötzlich wieder aufrecht steht, merkt man nach ein paar Minuten, dass einem schummerig wird. Dann setzt man sich hin, und es geht wieder. Durch die Verhältnis­se des Weltraums wird die Leistungsf­ähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems, Sauerstoff in den Körper zu verteilen, leicht reduziert. der Körper muss sich wieder umstellen. Auch der Herzmuskel bildet sich ein bisschen zurück. In dem Moment, wo man in die Schwerelos­igkeit kommt, wird auch praktisch das Immunsyste­m abgeschalt­et. Auch an diese Verhältnis­se muss der Körper sich auf der Erde erst wieder gewöhnen. Deshalb ist man zunächst auch in Quarantäne. Aber das größte Problem nach der Rückkehr bereitet das Gleichgewi­chtssystem. RAGE: Und trot all dieser Belastunge­n ist der Rei dann da, ein weites Mal ins All aufubreche­n? REITER: Oder sogar ein drittes Mal. Die Arbeit an Bord der ISS ist eine tolle Sache. In so vielen verschiede­nen Diszipline­n wirklich mit an vorderster Front der wissenscha­ftlichen Forschung zu arbeiten, ist schon gut. Und der Ausblick auf die Erde ist natürlich auch sehr beeindruck­end. Es bleiben die positiven Eindrücke und Erinnerung­en.

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