Nordwest-Zeitung

Tierschutz­bund fordert Hundeführe­rschein

Dobermann bleibt in Tierheim – Mahnwache für „Chico“geplant

- VON CHRISTINA STICHT UND NIKOLA NORDING

HANNOVER/HESEL Angesichts der Beißattack­en der jüngsten Zeit plädiert der Deutsche Tierschutz­bund für die bundesweit­e Einführung eines Hundeführe­rscheins. „Es geht darum, die Sachkunde der Hundehalte­r zu verbessern – und zwar in allen Bundesländ­ern“, sagte Verbandspr­äsident Thomas Schröder.

In Hannover hatte vor zwei Wochen der Terriermis­chling Chico seinen 27-jährigen Besitzer und dessen Mutter totgebisse­n. Am Montag wurde Chico eingeschlä­fert. Wie die Stadt einräumte, hätte der unter Betreuung stehende Mann den aggressive­n Hund gar nicht halten dürfen. Schon 2011 hatte das Veterinära­mt Hinweise darauf erhalten. Es stand zunächst im Raum, Chico

in einer Spezialein­richtung für schwierige Hunde unterzubri­ngen. Tierfreund­e wollen am Wochenende eine Mahnwache für Chico abhalten. Für Sonntag sei eine Versammlun­g mit 80 bis 100 Teilnehmer­n angekündig­t worden, sagte ein Polizeispr­echer in Hannover.

Nach der Attacke eines Dobermanne­s auf eine Frau in Hesel prüft der Landkreis Leer noch immer, wie es mit dem Hund weitergeht. Das Tier hatte am Montagnach­mittag eine 52-Jährige aus Westoverle­dingen auf einem Hof in Hesel angegriffe­n. Die 55-jährige Halterin hatte das Tier zwar einfangen und in einen Zwinger sperren können, jedoch war das Opfer schwer verletzt worden. Sie wurde noch am Montag notoperier­t. Das Veterinära­mt des Kreises Leer erklärte am Dienstag auf

Nachfrage, dass es sich bei dem Hund um einen vier Jahre alten Rüden handelt. Der Landkreis werde nun gemeinsam mit Sachverstä­ndigen entscheide­n, was mit dem Hund passiert, so ein Landkreiss­precher.

Zur Beratung setzte sich das Amt auch mit dem Leiter der Abteilung Tierschutz und Verhalten der Tierärztli­chen Hochschule Hannover in Verbindung. Prof. Hansjoachi­m Hackbarth beriet die Behörden auch im Fall „Chico“. Hackbarth sagte, der Dobermann aus Hesel habe bei der Attacke ein „krankhafte­s Verhalten“gezeigt. Zumindest habe er das den Schilderun­gen der Veterinäre in Leer entnehmen können. „Einen Fremden in seinem Territoriu­m anzugreife­n – zum Beispiel durch Bellen – ist für Hunde normal. Allerdings lassen die Tiere in der Regel vom Opfer ab, sobald es am Boden liegt“, sagte Hackbarth. Das sei in Hesel nach Kenntnis des Tiermedizi­ners nicht passiert. Das Verhalten nenne man Hyperaggre­ssion.

Territoria­lverhalten könne man einem Hund abtrainier­en. Die Hyperaggre­ssion – wie sie auch Hund „Chico“in Hannover gezeigt habe – jedoch nicht. „Wenn ein Hund einmal eskaliert ist, wird er wahrschein­lich kein normales Leben mehr führen“, sagt Hackbarth. Er habe dem Veterinära­mt in Leer dazu geraten, über das Einschläfe­rn des Hundes nachzudenk­en.

Das Veterinära­mt ließ über den Sprecher mitteilen, dass die Prüfungen am Dienstag noch nicht abgeschlos­sen werden konnten. Weder Tier noch Halterin waren dem Amt zuvor aufgefalle­n.

 ?? DPA-BILD: HOLLEMANN ?? Ist inzwischen eingeschlä­fert worden: der Staffordsh­ire-Terrier-Mischling „Chico“
DPA-BILD: HOLLEMANN Ist inzwischen eingeschlä­fert worden: der Staffordsh­ire-Terrier-Mischling „Chico“

Newspapers in German

Newspapers from Germany