Nordwest-Zeitung

Löw bleibt – auch bei Viertelfin­al-Aus

,o denkt DFB-Chef Reinhard Grindel über die Russland-WM und den Fußball im Allgemeine­n

- VON LARS RECKERMANN

Die bevorstehe­nde WM, der Videobewei­s, der Polizeikos­ten-Streit mit Bremen: Der DFB-Präsident bezieht Stellung im Interview mit der .

FRAGE: Herr Grindel, Sie sind Jurist, Journalist und Politiker. Muss man diese Erfahrunge­n inzwischen gesammelt haben, um Präsident des eutschen Fußball-Bundes zu werden? REINHARD GRINDEL (56): Es ist zumindest so, dass mir meine berufliche Erfahrung in dem Amt zu Gute kommt. Schwierige Sachverhal­te gut rüberzubri­ngen, habe ich als Jurist und natürlich auch als Journalist gelernt. Durch meine politische Erfahrung habe ich glaube ich ganz gut gelernt, wie bei unterschie­dlichen Interessen ein tragfähige­r Kompromiss erarbeitet werden kann. FRAGE: ie deutsche Bewerbung um die Europameis­terschaft 202 ist a auch ein Politikum. eutschland tritt gegen die ürkei als Austragung­sort an. GRINDEL: Wir werden am 24. April eine starke Bewerbung bei der Uefa abgeben. Ich habe viele Gespräche in Berlin geführt, gerade zum Thema Staatsgara­ntien. Das Ergebnis ist sehr erfreulich und es ist schön, dass wir für unsere Bewerbung breite Unterstütz­ung sowohl von SPD- als auch von CDU-geführten Häusern erhalten. Die hohen Zustimmung­swerte in der Bevölkerun­g mit 76 Prozent insgesamt und 90 Prozent der Fußballint­eressierte­n sind ebenfalls sehr positiv. FRAGE: Also gehört auch viel iplomatie zum Amt des FBPräsiden­ten? GRINDEL: Ja, das kann man sicherlich so sagen. Das ist ja aktuell bei der Weltmeiste­rschaft in Russland nicht anders. Da sehe ich meine Aufgabe darin, die richtigen Symbole zu setzen, allerdings sportpolit­ische Symbole. Wir müssen deutlich machen, welche Erwartunge­n wir an die Ausrichter der WM haben – allerdings ohne den erhobenen Zeigefinge­r oder als besserwiss­erisch daherzukom­men. FRAGE: rücken Sie sich vor der Verantwort­ung? GRINDEL: Nein. Ich verweise darauf, dass sich der Fußball überheben würde, wenn man glaubt, dass wir Probleme lösen könnten, die im Augenblick weder die UNO oder die Mächtigen dieser Welt lösen können. Wir müssen uns auf das konzentrie­ren, was der Fußball durch seine große Integratio­ns- und Strahlkraf­t lösen kann. FRAGE: as heißt genau? GRINDEL: Wir dürfen nicht unterschät­zen, was es für eine unglaublic­he Wirkung hat, wenn zig Tausende Fußballfan­s in dieses Land kommen und mit ganz normalen Menschen aus der russischen Zivilgesel­lschaft in den Dialog eintreten und dank der digitalen

Medien dann auch in Kontakt bleiben. Fußball kann viele kleine Brücken zwischen den Menschen bauen. Ein solches Turnier hat eine unglaublic­he Wucht, weil Menschen aus vielen Ländern nach Russland kommen und dort auch Werte und Ideen mitbringen und natürlich darüber diskutiere­n. Zudem steht Fußball für Werte wie Toleranz und Weltoffenh­eit. FRAGE: nd trotzdem werden viele Politiker dieser WM wohl fernbleibe­n . . . GRINDEL: ... aber das kommentier­en wir nicht. Das ist die Entscheidu­ng der Politiker. Einen Satz vielleicht doch: Olympia 1980 hat doch gezeigt, dass Boykotte nichts bringen. Ich setze auf Begegnung, nicht auf Trennung. FRAGE: Fragt Sie die Bundesregi­erung, ob deren Mitglieder zu den Spielen reisen sollen? GRINDEL: Nein, aber es gibt im Vorfeld einen Austausch zwischen dem DFB und der Bundesregi­erung. Möglicherw­eise wird da das Thema eine Rolle spielen. FRAGE: aten Sie der Bundeskanz­lerin, zur WM nach ussland zu fahren? GRINDEL: Wir freuen uns über jede Unterstütz­ung, auch die von Angela Merkel. FRAGE: Wer wird dieses Jahr Fußball-Weltmeiste­r? GRINDEL: Ich weiß es nicht, aber es wird sicherlich deutlich schwierige­r für die deutsche Nationalma­nnschaft als im Jahr 2014. FRAGE: nd wenn eutschland im Viertelfin­ale rausfliegt, bleibt Jogi Löw Bundestrai­ner? GRINDEL: Ja. FRAGE: Er bestimmt, wann er aufhört? GRINDEL: Wir haben ein sehr vertrauens­volles Verhältnis und besprechen die Dinge gemeinsam. FRAGE: Bei all den Länderspie­len und Millioneng­agen im Fußball, welche olle hat der Amateurfuß­ball? GRINDEL: Eine riesengroß­e

Rolle. Als ich 2016 ins Amt gekommen bin, haben die Landesverb­ände von uns fünf Millionen Euro Zuschuss bekommen. Ab 1. Januar 2019 werden die Verbände 14 Millionen Euro bekommen, plus weitere Mittel aus einem Masterplan, der gezielt für die Stärkung des Amateurfuß­balls aufgelegt wurde. FRAGE: Was bedeutet das für die Vereine? GRINDEL: Die Verbände können die Vereine durch die Zuwendunge­n noch effektiver unterstütz­en, beispielsw­eise können günstiger Schiedsric­hter oder Trainer ausgebilde­t werden. Der DFB macht der Basis darüber hinaus direkte und praktisch hilfreiche digitale Angebote. Das geht so weit, dass wir etwa Trainingsp­läne für Väter online stellen, die Trainer einer Jugendmann­schaft geworden sind. FRAGE: Jetzt müssen die ungen Leute noch den Weg in die Vereine finden. Viele machen a Sport vor einer Spielekons­ole. Für das so genannte ESport, also Fußball als omputerspi­el, können Sie sich

Hber nicht begeistern. GRINDEL: Unter E-Sport versteht die Unterhaltu­ngsindustr­ie auch Killerspie­le bzw. Egoshooter. Das hat mit den sozialen Vorstellun­gen des Fußballs nichts zu tun. Sport ist Begegnung, ist Austausch und frische Luft. Kurze Hose, Fußballpla­tz und ein richtiger Fußball, dem man hinterherl­äuft und sich gesund hält. Wir entwickeln in unseren Gremien aktuell eine gemeinsame Haltung zu dem Thema. Dabei bin ich mir mit den Landesverb­andspräsid­enten einig, dass es für uns in dieser Frage um E-Soccer gehen muss, also um Fußballspi­el-Formate. FRAGE: Auch König Fußball wirbt mit zuckerhalt­igen Getränken und Nahrung. Ob das so gesundheit­sfördernd ist? GRINDEL: Wir haben eine Vielzahl von Partnern, mit denen wir zahlreiche Gesundheit fördernde Aktionen durchführe­n. Und die Einnahmen benötigen wir, um unseren gemeinnütz­igen Aufgaben nachkommen zu können. Generell gilt: Das Millioneng­eschäft

Fußball muss auch finanziert werden, wenn man weltweit eine Rolle spielen möchte. FRAGE: Lassen Sie uns noch einmal über den Videobewei­s reden. Machen Sie doch einmal eine Überschrif­t für ihr erstes Fazit. GRINDEL: Es läuft immer besser. FRAGE: so. GRINDEL: Das verstehe ich nicht. Der Videobewei­s macht den Fußball gerechter. Wie oft haben wir früher erlebt, dass der Schiedsric­hter nach einem Spiel aus seiner Kabine kommt und sagt: „Tut mir leid, ich habe die Szene jetzt noch einmal gesehen. Ich hätte anders entschiede­n.“Wenn wir nun technische Mittel nutzen können, um Fehlentsch­eidungen zu vermeiden, dann sollten wir das auch tun. Dabei geht es im Profifußba­ll auch um zu viel. FRAGE: Es geht im Fußball auch viel um Sicherheit. Muss der Milliarden­sport mit Steuergeld­ern, sprich den Gehältern der Polizisten, gesichert werden? GRINDEL: Gegenfrage: Wenn bei einem Millionär eingebroch­en wird, soll die Polizei dann die Ermittlung­sarbeiten in Rechnung stellen, weil er wegen seines Reichtums die Verbrecher angelockt hat? FRAGE: as Land Bremen streitet mit der eutschen Fußballlig­a über die Kostenüber­nahme bei Hochrisiko­spielen. Wann bekommt Bremen denn mal wieder ein Länderspie­l von Ihnen? GRINDEL: Wir haben gesagt, dass wir aus Solidaritä­t mit der Liga ein Zeichen setzen. Und wir sind auch unseren Mitglieder­n verpflicht­et, mit den Geldern sorgsam umzugehen. Deshalb gehen wir erst einmal mit Länderspie­len in Stadien, wo wir nicht Gefahr laufen, die Polizeikos­ten übernehmen zu müssen. FRAGE: Also kein Länderspie­l für Bremen? GRINDEL: Wenn dieses Damoklessc­hwert nicht mehr über uns schwebt, kann man sicherlich wieder darüber nachdenken, ein Länderspie­l in Bremen auszutrage­n. as sehen nicht alle

Ol mpia 0 hat doch gezeigt, dass Bo kotte nichts bringen. Ich setze auf Begegnung, nicht auf rennung

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BILD: VDW NIEDERSACH­SEN BREMEN/GERHARD SANDER Zu Gast in Bad Zwischenah­n: DFB-Präsident Reinhard Grindel sprach bei einer nicht-öffentlich­en Veranstalt­ung des Verbandes der Wohnungs- und Immobilien­wirtschaft in Niedersach­sen und Bremen.

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